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Rokoko
und das Ende des Bürgerlichen Projektes
Öffentlichkeitsbildung
und politische Clubs.
Im Gespräch Prof.
Jürgen Fohrmann, Dr. Erhard Schüttpelz, Stephan Dillemuth.
________TEIL
2:
Das Kommunikationsmodell
der Romantik.
S:
Das ist vielleicht doch das entscheidende Kapitel.
F:
Denn die Romantik hängt genau mit diesem Geselligkeitsmodell zusammen,
doch es ist nicht allein das Geselligkeitskonzept, das die Universität
dann tragen soll. Das strikte Frühromantische Projekt ist ein Kommunikationsmodell,
wie es Friedrich Schlegel[24] etwa in seinem Gespräch über die Poesie aufgestellt
hat: Liebe bedarf der Gegenliebe. Deswegen gehen wir aus der Tiefe
unseres Inneren heraus, um uns in dem Inneren eines anderen Menschen
wiederzufinden. Es heißt: Es gibt das Geschäft wechselseitiger Mitteilung,
und jenseits der wechselseitigen Mitteilung ist der Tod.
Das ist ein völlig emphatisches
Konzept, das davon ausgeht, daß es möglich ist, symmetrisch zu kommunizieren,
wobei Asymmetrien in eine symmetrische Kommunikationssituation übersetzt
werden können. Oder anders gesprochen, daß die Kommunikationssituation
selbst als symmetrische gehalten werden kann, auch wenn es Asymmetrien
gibt.
Das wird ja dann von Schleiermacher[25] in seiner Theorie des geselligen Betragens
als die Paradetheorie für den romantischen geselligen Zirkel ausformuliert.
Mit dem riesigen Anspruch, daß dies Welt konstituieren solle.
Das ist also die einzigartige
Koinzidenz, daß eine bestimmte Erkenntnistheorie, als wechselseitiges
Lernen, zugleich auch ein Organisationsprinzip von Gesellschaft
sein soll, oder die eines kleineren Kreises. Das kann man sich als
Vorstellung nicht radikal genug denken. Leider hat das nur kurze
Zeit gehalten, dann ist es abgedriftet in andere Formen, Katholizismus,
Nation usw. , die alle auch Kommunikationsformen in sich bergen,
aber keine so symmetrische.
S:
Warum ließ sich das nicht durchhalten?
F:
Schlegel hat das in seiner Lucinde[26] darzustellen versucht. Aber. . . ich muß noch mal
ansetzen, weil es wirklich kompliziert zu beschreiben ist: Es setzt
voraus, daß die Kommunikation nicht nur immer die Kommunikation
selbst thematisiert, d. h. daß die Kommunikation, in dem Bedürfnis
zu sagen dies ist das richtige Modell, nicht immer wieder
nur das eine sagt und damit tautologisch wird. Und der Fehler, wenn
ich das so sagen darf, der Fehler den Schlegel in der Lucinde und
anderen Texten gemacht hat, ist, das genau in die Tautologie zu
treiben. D. h. , man muß Verfahren haben, die praktizieren, ohne
immer wieder nur selbstreferenziell zu beschreiben, daß es stattfindet.
S:
Deshalb haben Schlegel und Novalis[27] in den ersten Jahren auch irrsinnig viel Stoff verschlissen.
F:
Ja, sie haben den ganzen Stoff genützt und sie sind am Ende immer
wieder auf dieselbe Idee gekommen.
Vielleicht hat es auch
nicht funktioniert, weil das Projekt letztendlich immer noch auf
Identitätsphilosophie abgestellt gewesen ist. Aber man könnte den
Differenzbegriff als leitenden Begriff setzen und sich ein Projekt
vorstellen, das eben nicht davon ausgeht, daß Identität am Ende
dabei heraus kommen muß und daß alle das Eine sind, sondern genau
umgekehrt denkt und das genau verhindern und verzögern will.
D:
Das könnte man vielleicht auch so beschreiben, daß das idealistische
Konzept implodiert ist, weil es zu immanent geblieben ist. Aus den
Trümmern dieser Kommunikationsformen heraus wurde ja dann versucht
verschiedene andere Strukturen zu entwickeln, die sich vermehrt
auf eine Welt Außen bezogen. Das sind aber eher bürokratische Konstruktionen
wie geselligen Clubs und Vereine, Vorformen von Parteien, die sich
ja um gewisse Inhalte herum organisieren und die eine politische
Einflußnahme suchen oder andererseits auch bestehende Verhältnisse
affirmieren.
F:
Obwohl auch viele dieser Vereine implodierten, weil sie ab einem
bestimmten Zeitpunkt oft nur noch ihr Dasein als Verein feierten.
Das ist so ähnlich wie das Liebeskonzept das sich nur noch als Liebeskonzept
feiert. Die Schwierigkeit ist ja die: Wenn man gegenseitig aneinander
interessiert ist , dann muß man sich so hinlänglich fremd sein,
daß man etwas voneinander lernen kann, man darf aber auch nicht
zu fremd sein, weil da die Kommunikationsbasis zu schwach ist. Das
Modell ist später implodiert, weil das Spannungsverhältnis nicht
mehr hielt.
Kulturbürgertum. Politische
Konzepte, kulturelle Traditionen.
D:
Schließlich entwickelte sich aber so etwas wie einen Deutschen Nationalstaat
und da ist die Freude natürlich groß, über die neue und gemeinsame
Identität. Das Bürgertum beginnt seine kulturelle Legitimität förmlich
herbei zu zitieren und maßlos zu dramatisieren.
F:
Voraussetzung dafür war, daß sich der Verein als Verein in den Mittelpunkt
des gesellschaftlichen Lebens stellte. Da es keine Anliegen mehr
gibt, die der Verein zu verfolgen sucht, schaut man im Kalender,
was man feiern könnte und feiert als Selbstzweck. Man hat sich also
auf eine gemütliche Geselligkeitsstruktur eingestellt und das Feiern
als etwas besonders Deutsches in den Mittelpunkt gerückt.
S:
Aber dieses Problem sehe ich auch für die 2. Hälfte des 20 Jhds.
Man hat aus der Moderne schon viel zu viel was man feiern will und
feiern kann. Die ganzen Feuilletons nach 45 bestehen im Grunde
genommen nur daraus und es ist unglaublich lähmend, wenn man nur
noch Anlässe zum feiern hat.
F:
Das Interessante in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ja, daß
es über die Arbeiterbildungsvereine eine starke Gegenbewegung hätte
geben können. Indem sie Arbeiter an die Bildung heran führen wollen,
sind diese Vereine aber im wesentlichen sehr imitatorisch, denn
Bildung war ja schon festgelegt als bürgerliches Bildungsprojekt.
D:
Also anstatt einen eigenen Bildungsbegriff zu versuchen, hängten
sie sich an ein Ideal bürgerlicher Bildung dran. Aber aus den revolutionären
Bestrebungen der ersten Hälfte des 19. Jhds. sind doch auf einer
direkten Ebene politische Instrumente zur Verbesserung der eigenen
Situation geschaffen worden, also soziale Strukturen, Gewerkschaften,
Schutzbünde etc.
F:
Ganz klar, das koppelt sich auch mit der Parteienbewegung, die sich
im Kaiserreich und von da ausgehend erst richtig etabliert. Interessanterweise
haben trade-unionistische und klassenkämpferische Ziele in der Regel
kein Kulturkonzept.
Es scheint irgendeine Aufspaltung
zu geben. Einerseits ein eher traditionelles Kulturkonzept und auf
der anderen Seite ein Politikkonzept, das die Dinge nach vorne zu
bringen versucht. Aber ist das ein richtiges Politikkonzept, wenn
es kein Kulturkonzept integriert? Es gibt natürlich ein paar Ausnahmen,
die wir alle kennen: Brecht[28] , Tretjakov[29] und andere haben versucht, eine operative Kunst
zu betreiben, die in eine revolutionäre Praxis eingebunden ist.
S:
Das ist ein durchgängiges deutsches Problem, weil es von einem wie
auch immer rechten Spektrum aus einen Kulturbegriff gibt, der dieser
sogenannten Kulturlosigkeit der Linken entgegengesetzt wird. Wie
Rembert[30] ja so schön sagt: Was die Rechten machen, nennen sie
Kultur, was die linken machen, nennen sie Politik.
Und zwar gerade die politische Rechte und die kulturelle Linke.
D:
In anderen kapitalistischen Ländern ist das doch ähnlich.
F:
Ab Mitte des 19. Jhds. kann man gut beobachten, wie Kultur definiert
und als deutsches Charakteristikum behauptet wird. Diese sogenannte
deutsche Bewegung, die ja eine bloße Kulturbehauptung
war, beschreibt die deutsche Kultur als eine Kultur der Innerlichkeit,
die gleichsam das deutsche Wesen hervor gebracht hat, gegen die
leere, oberflächliche Kultur des übrigen Westeuropas, Frankreich
und England. Datiert und zu sehen nicht erst seit 1900, sondern
schon seit Diltheys[31] Baseler Antrittsvorlesung von 1867, wo im Unterschied
zu der Leerheit der europäischen Aufklärung der innere Weg der Deutschen
skizziert wird.
S:
Im Grunde genommen wird das hundert Jahre zuvor gegebene Stichwort
des Anti-Feudalen, der Hof als das Falsche, das falsche Ränkespiel
etc. , jetzt wieder aufgegriffen und als Anti-Westlicher Affront
verkauft.
F:
Ja, das würde ich auch so sehen. Bei den Deutschen nannte man das
Sprache des Herzens[32] . Aber nun ist die Sprache
des Herzens zur Bildung geworden. Und deswegen heißt es, muß unsere
Bildung gegen die Barbarei der leeren Aufklärung, die aus dem Ausland
kommt, verteidigt werden. Das ist der Hauptimpetus dieser kulturkonservativen
und gleichzeitig Politik repräsentierenden Rechten, das ist ganz
deutlich zu sehen.
D:
Die Linke hatte auch in anderen Ländern Schwierigkeiten die pragmatisch,
politischen Kämpfe in kulturelle überzuführen, oder?
Differenzierung / Entdifferenzierung.
S:
Jede politische Bewegung, und gerade die linken revolutionären Bewegungen,
wirbt mit dem Programm der Entdifferenzierung. Und dadurch wird
die Differenzierung, die Kultur, Kunst, Literatur usw. für sich
selber leisten will, nicht ernst genommen. Das war z. B. das große
Problem bei Brecht, für sich selber eine differenzierte ästhetische
Position zu finden, die gleichzeitig die Entdifferenzierungsmomente
als Programm mit aufnehmen soll. Das ist in seinem Werk ein reizvoller
Widerspruch, aber ein grundlegendes Problem, mit denen die linken
Bewegungen, soweit sie sich als Parteien o. ä. formieren, nie fertig
geworden sind.
Gleichzeitig könnte man
aber auch behaupten, daß die rechten Bewegungen nicht mit der modernen
Kunst zurecht gekommen sind. Nur im nachhinein können die dann integriert
werden. Beuys[33] kann jetzt z. B. von der FAZ[34] abgefeiert werden und was abgefeiert wird
kann dann leicht integriert werden, aber natürlich nicht zu Lebzeiten.
Es ist ja nicht so als hätten die jetzt das Zauberwort gefunden
um mit der wirklichen Kunst umgehen zu können.
F:
Nein, der rechte Kulturbegriff seinerseits setzt ja auch auf Entdifferenzierung.
. .
S:
. . . und auf Mortifikation, es muß ja erst eigentlich alles tot
sein.
F:
Das ist ziemlich klar, während eine nicht rechte, linke Kulturkonzeption,
um es mal so zu sagen, im strikten Sinne eigentlich auf Differenzierung
setzt. Es gibt nur wenige Versuche, die ihrerseits auch wieder mit
einem Öffentlichkeitskonzept operieren, das anders ist. Da könnte
man z. B. an Negt und Kluge[35] denken, die sind die einzigen
die auf eine sehr intelligente Weise ein politisches mit einem Kulturkonzept
zu verbinden versuchen.
D:
Geht es folglich um eine künstlerische Verfeinerung mit integriertem
Propaganda Apparat? Um Forschung und Public Relations?
F:
Die rechte Kulturkonzeption macht es sich ja leicht, weil von vornherein
klar ist, daß Hierarchie eben auch in der Kultur erhalten bleibt.
Deshalb ist es viel wichtiger einen Dichter abzufeiern als etwas
Interessantes über ihn zu sagen.
Ästhetische Theorie und
Selbstbeschreibung.
D:
Zwischen dem Kulturbürgertum der Gründerzeit und der Kulturalisierung
heute kann man eindeutige Parallelen ziehen. In beiden Fällen geht
es um eine riesige Restaurierungsarbeit des nationalen Gefüges mit
den alten Steinen aus dem Kulturbaukasten. Auch jetzt soll nationale
Kultur für deutsche Priorität und Legitimität in einem europäischen
Haus die Fundamente liefern.
Allerdings haben die Künstler
der Decadence, am Ende des 19. Jahrhunderts die Symptome ihrer Gebrechen,
ihre Nervosität beobachtet, beschrieben und in künstlerische Arbeit
übersetzt. Am Ende der 90er sind wir vielleicht ähnlich nervös,
überreizt und dekadent, aber wie unter einer dichten Decke von Verdrängung
und Bewußlosigkeit befangen. Als Künstler und Intellektuelle drehen
wir uns im Uhrwerk der POP- und Unterhaltungsmaschinen und zeigen
mit dem stumpfen Finger der Kritik auf ein stereotypes Feindbild
als das Gegenüber, anstatt uns selbst in eine Analyse der Zustände
hinein zu nehmen und den Muff als Symptom zu erkennen.
F:
Doch ist die Situation im 19. Jh. deutlich zu unterscheiden von
dem, was wir heutzutage an Bedeutsamkeits-Renaissance erleben.
Einerseits war diese Zeit
sehr an ästhetizistischem Raffinement interessiert und das treibt
die Kunsttheorie voran. Doch dort, wo in bestimmten Formen der Geistesgeschichte
die Kunsttheorie nicht vorangetrieben wird, wie z. B. im George-Kreis[36] , kann man deutlich Situationen beobachten, die der heutigen
ähnlich sind - also die der neuen rechten Bedeutsamkeit.
Die Artikel dieser Leute
bestehen aus nichts anderem als daß sie sagen: Es gibt einen
bedeutenden Gegenstand. Ich weiß welcher Gegenstand bedeutend ist.
Ich kann über den Gegenstand schreiben, weil ich selbst bedeutend
bin. Und nur der Leser, der dies zu goutieren weiß ist auch seinerseits
bedeutend. Nichts anderes steht in diesen Artikeln drin! Dazu
wird ein Feindbild aufgebaut, und das ist natürlich der Garbage,
der Müll, der nicht dazu gehört. Also mit dieser schlichten Opposition
operieren die und das sehe ich im George-Kreis ähnlich.
Andere, die wie Hofmannsthal[37] nicht so zu verorten sind, versuchen mindestens
noch ein Sensorium für ästhetische Produktivität zu erhalten und
das nicht so ins Weinerliche abdriften lassen wie bestimmte Thomas
Mann[38] Versionen. Diese Weinerlichkeit
ist ja heute auch wieder da mit Sätzen wie das Abendland ist
in Gefahr, Wir müssen die Werte halten usw. ,
das ist mir unerträglich und das ist im eigentlichen Sinne rechts.
Der Vorteil der Fin de
Siècle-Bewegung ist sicherlich, daß sie an ästhetischer Theorie
interessiert war. Die Leute allerdings, die heute diesen Ton aufgreifen,
sind eigentlich nicht mehr an einer ästhetischen Theorie interessiert,
sondern daran, eine bestimmte Rhetorik des Bedeutsamen zu wiederholen,
pure Epigonen.
S:
Ich will noch mal auf die Frage der Hysterie und der Nerven zurückkommen.
Das Aufbrechen der Victorianischen Gesellschaft mit ihrem rigiden
Moralkodex wird zunächst einmal nur als Pathologie wahrgenommen.
Auch daher die Stichworte der Psychoanalyse von Hysterie, Nervosität
etc. Im Grunde genommen sind das alles nur Pseudonyme für bestimmte
soziale Entwicklungen, die sich schon ergeben haben. Ganz neue Freiräume
sind entstanden, die Boheme, Schwabing[39] , etc. . Es gab also um die Jahrhundertwende
eine Normalität von Umgangsweisen die in diese Victorianische Gesellschaft
gar nicht mehr reinpassten, und die sich erst später in den 20er
Jahren durchgesetzt haben. Das wird um die Jahrhundertwende alles
unter diesen Pathologiestichwörtern verhandelt, das muß man aber
nicht so ernst nehmen. Es wird unter einem Moralkodex beobachtet
aber der stimmte nicht mehr.
F:
In der gründerzeitlichen Kultur[40] gibt es eben keine Form der Selbstbeobachtung und jetzt
wird eine Lizenz dazu ausgestellt.
D:
Auch in der Phase der Restauration von den 70ern bis heute, sehe
ich diese Selbstbeobachtung nicht. Zwar gefallen sich manche Texten
mit einer gewissen Selbstreflexivität, aber das ist wohl eher eine
Floskel der Kontextualisierung und bleibt also Rhetorik. Ich kenne
keinen Versuch der kritischen Verortung in der Jetzt-Zeit.
F:
Das ist eine merkwürdige Geschichte, die ich nicht verstehe.
D:
Einerseits schaufelt die konservative Kulturmaschine die Bedeutungen
von einem Haufen auf den anderen - andererseits sehen die Linken
den Feind nur dort drüben. Rechts wie Links nur Selbstgefälligkeit.
Und da kann ich jetzt flott fortführen: ...und auch ein Teil
von mir... , aber das bleibt dann auch wieder nur kokette
Rhetorik, wenn das Sich-Selbst-mit-Hineinnehmen nicht zu einem Aspekt
der Arbeit wird.
S:
Genau diese Diskurse und Gattungen der Selbstbeobachtung und -kritik
in den 60er und 70er konnten eben nicht mit rübergenommen oder wiedererweckt
werden. Auch in einer bestimmten Renaissance der 60er und 70er nicht.
Aber damals war das ein Riesen- Projekt und das hat die Sache so
dynamisch, aber auch schwierig gemacht. Da gibt es heut keine Parallele
zu. Da haben wir zum Beispiel Kunstzeitschriften, die machen ein
ganzes Heft über Sponsoring, und es fällt keine einzige Zeile über
ihre eigene Abhängigkeit von Sponsoren. Heute haben wir einen als
links verstandenen Diskurs, der die eigenen Produktionsbedingungen
nicht analysieren will - und dazu gehört vor allem die Macht die
man selber hat, also die ganze Frage warum ein bestimmter Stil geschrieben
werden soll und kein anderer, welche Witze noch zugelassen sind
und welche nicht usw. - also die ganzen Hierarchien der Produktion
von Meinungen und Umständen. Um 1970 gab es hunderte von Leuten,
die genau das an ihren eigenen Gruppen und Personen analysieren
wollten, und auch protokollieren, was dabei passiert, filmen usw.
Wenn sich heute eine Gruppe bildet, kann man darauf Gift nehmen,
daß sie genau das nicht analysieren will - sie will andere Gruppen
analysieren. Okay, es gibt Ausnahmen.
F:
Warum hat sich diese Art von politischer Kultur eigentlich nicht
verlängern lassen? Das ist ja noch gar nicht so lange her.
Aber deshalb gibt es keine
Öffentlichkeit, die den ganzen Mist, den wir täglich sehen und lesen
müssen, kritisiert. Keine Kritik dieser Draufschlag-Kultur, dieser
Lust am Gewinnen auf einer ganz basalen Ebene: Ich mach dich klein
und hab Spaß daran.
Das Lachen über die Opfer
ist jetzt nicht mehr sanktioniert - wird als politischer Gestus
eingeübt. Und keine Gegenpolitik, die sagt: Was ihr da macht,
ist doch das Allerbeschissenste, was man machen kann.
_____________________Zum
dritten Teil >>
FOOTNOTES:
>[24] Friedrich von Schlegel, 1772-1829, leading spirit
of the new Romantic School. His creative works are eccentric and
negligible, but his critical writings are brilliant, provocative
and fertile. In 1808 he became a Roman Catholic and took service
with the Austrian Government, spending much of his life in administration.
>[25] Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, 1768-1834,
ranks as the most important Protestant theologian of the Romantic
movement. His sermons were esteemed for their sincerity and religious
fervour as well as, at the time of national depression, for their
patriotism.
>[26] Published in 1799, Lucinde reflects on his love
for Dorothea Veit, with whom he spent two years in Paris; he married
her in 1804.
>[27] NOVALIS, 1772-1801, both by temperament and
by creative gifts, was the truest poet of the first Romantic School.
In 1794 he met the 12-year old Sophie von Kühn, with whom he deeply
fell in love. They were betrothed four months later, and in the
same year Sophie developed pulmonary tuberculosis. During her
illness Novalis was working as an administrative assistant in
the salt-mine offices of Weißenfels and in the stress of these
months, which was augmented by the illness and the death of his
brother, he underwent profound religious experience. The death
of Sophie in March 1797 led to a crisis, a reckoning with death,
which finds expression in the Hymnen an die Nacht.
>[28] Bertholt Brecht, 1898-1956, ranks as one of
the greatest 20th Century lyric poets. Versatile in
style and temper, his vast output bears the stamp of his own humanity
and political commitment. The specific point of view
permeating his work as a whole is no less idealistic than the
classical brand of idealism. In objecting to the classical concept
of Das Ewig Menschliche he wanted to demonstrate that
change was both necessary and possible.
>[29] Sergej Michailowitsch Tretjakov, 1892-1939,
Russian writer and dedicated communist, member of the group Lef
representing Ego-Futurism and later Novyj Lef which
went for abolition of traditional artistic writing and for faction
literature which aimed towards changing society.
>[30] Rembert Hüser, born in 1961, academic German
writer. After early works in the style of Capitalist realism and
polemical reviews and experiments he developed a highly metaphorical
style which plays with contradictions and lots of quotations and
seems to lead to lampoon or humorous bewilderment. Serving champagne
to his real friends and real pain to his sham friends or unsuspecting
enemies, he used to quote Brecht: Our defeat explains nothing.
Present whereabouts unknown, suspected to live in Schalke.
>[31] Wilhelm Dilthey, 1833-1911, philosopher whose
main interests were historical and literary.
>[32] Language of the heart
>[33] Joseph Beuys, 1921-1984, draughtsman and object
artist, studied at the Düsseldorf Academy of Fine Arts (1947-51),
where he would later be a teacher. In1962 he made his first public
appearance with happenings. In his life and work he attempts to
unite nature and spirit and to include a mythical, archetypal
thinking and magic-religious associations against deterministic
rationalism. Beuys attempt to translate artistic creativity
into all fields of life, led to diverse political actions like
the foundation of an office for direct democracy and free university
for creativity and interdisciplinary research.
>[34] Frankfurter Allgemeine Zeitung (until 2018,
Germanys conservative state organ)
>[35] Alexander Kluge, his films were in part harshly
criticized for being puzzle cinema and enlightenment
work for the enlightened who want to be entertained in their special
way. His commitment to the art of film was, however, publicly
acclaimed. With the foundation of the production company DCTP
(Development Company for Television Programs) Kluges culture
TV occupied all conceivable niches and thus displaced smaller
initiatives. However, for those attempts on the side of private
television stations to restrict the rights of the independent
window programs Kluge was viewed as ratings
killer and electronic highwayman.
Together with the sociologist Oskar Negt, Kluge wrote about Öffentlichkeit
und Erfahrung (Public Sphere and Experience)
(1973), Geschichte und Eigensinn (History and
Obstinacy) (1981) and Maßverhältnisse des Politischen
(1992). Here, the highly acclaimed writing team raised the question
of what is political about political action in 15 variations.
Even before the poststructuralists and feminists, Oskar Negt and
Alexander Kluge began the critique of Habermas by articulating
the notion of an oppositional public sphere, specifically that
of the proletariat. What is important about their argument, is
that Negt and Kluge shifted the terrain of the notion of the public
sphere from an historico-transcendental idealization of the Enlightenment
to a plurality and heterotopia of discourses. This crucial change
in the notion of the public sphere assumes its full significance
when it is seen in relation to liberal democracy. The great ideological
fiction of liberalism is to reduce the public sphere to existing
democratic institutions. Habermas' critique of liberalism counterposes
a radical alternative to it but one that still universalizes and
monopolizes the political. Negt and Kluge, in contrast, decentralize
and multiply the public sphere, opening a path of critique and
possibly a new politics.
>[36] Stefan George and his followers, see footnote
# 11
>[37] Hugo von Hofmannsthal, 1874-1929, was brought
up in Vienna in well-to-do circumstances. His early work is characterised
by a luxuriant aestheticism and a fin de siècle melancholy. His
narrative work reflects what he variously expressed as a Sprachkrise,
Lebenskrise, and seelische Krise (crisis
of language, life & soul), but he also explored a new path,
expressing subconscious motivation in disciplined verse.
>[38] Thomas Mann, 1875-1955, possessed immense creative
and intellectual power, and a faculty for assimilating knowledge
and injecting life into it. His vision, especially after 1918,
embraced the temper and the problems of Europe of his day. His
style is internationally mannered, yet lucid, and as an analyst
he shows penetrating acuteness.
>[39] Bohemian part of Munich, around the 1900s home
of experimental lifestyle for all kinds of artists and intellectuals
from all over the world.
>[40] Gründerzeit. These were the years after 1870,
in which, partly as a result of industrial development and partly
through the considerable sums obtained as reparations from the
French, a number of companies was floated in Germany. Many of
these failed, inflicting widespread and severe financial losses.
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