DIE NEUBEWERTUNG DES
POSTGRADUATE INSTITUTS
Die Diskussion zeitgenössischer
Kunst-Ausbildung drehte sich in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts
zunehmend um Ausbildung von SpezialistInnen an Postgraduate Instituten
(Postgraduate-Academy).
Für viele dieser Institutionen,
die ihr Entstehen einer Gründungseuphorie der 60er und 70er Jahre
verdanken, kommt die neue Aufmerksamkeit einer Revitalisierung gleich,
schien das Modell in den 1980ern doch eher abgegriffen[1]. Die vorgenommene Aufwertung dieser Institute
kann zudem als Symptom einer Stagnation der traditionellen, ‘undergraduate’
Kunstakademien verstanden werden.
Denn im Gegensatz zu den
eher traditionellen Kunstakademien erzieht das Postgraduate Institut
weniger zur Produktion von Kunstgegenständen als zu deren Distribution.
Vor allem aber zielt es
auf die Distribution derer, die nun von Kunst- zu Kultur-ProduzentInnen
avancieren.
Die stärkere Gewichtung von Vertrieb und Verteilung geht aber Hand
in Hand mit einem sich verschärfenden Wettbewerb, auch im kulturellen
Sektor. Die Postgraduate Institute arbeiten daher oft mit Erfolgsversprechen,
wie man sie aus kleineren und (halb-) privaten Eliteschulen kennt[2].
Es wird nicht erstaunen, wenn die meisten Postgraduierten Institute
Unternehmenscharakter aufweisen. Kann man deshalb schon von Corporate-Academies
sprechen?
Auch wenn diese Institutionen (noch) nicht von supranationalen Konzernen
‘in-corporiert’ sind, soll untersucht werden, inwieweit die Postgraduate-Academies
die veränderten Parameter des sogenannten ‘Turbo’-Kapitalismus
in ihrer eigenen Organisation und Lehre verinnerlicht haben[3].
Werden diese Veränderungen die Rolle der Kunst und der KünstlerInnen
in unserer Gesellschaft neu definieren? In dieser Hinsicht ist auch
ein Versprechen von ‘Internationalität’ auf eine westlich-hegemoniale
Tendenz hin zu befragen, vor allem wenn es sich auf die sogenannten
Peripherie, außerhalb des westlichen Kulturbereiches, bezieht.
Die Gründe für die erneute Aufwertung der Postgraduate Institute
sind vielfältig
In Europa müssen wir sie vor dem Hintergrund des Scheiterns der
1980er Jahre Kunst betrachten. Anfang der 1990er Jahre war der Markt
für eine Kunst die sich hauptsächlich in der Herstellung von Objekten
manifestierte erst einmal gesättigt. Wie in anderen gesellschaftlichen
Bereichen wurde auch in der Kunst die Distribution und die Dienstleistung
wichtiger als die Produktion der zu vertreibenden Produkte. Die
Software wurde wichtiger als die Hardware.
Das Verlangen nach Informationen
zum Verständnis dieser wesentlichen gesellschaftlichen und ökonomischen
Veränderungen führte im Bereich der bildenden Kunst zu einem verstärkten
Interesse an Theorie und im Zuge zu deren Import und Vertrieb im
Kunstbereich. In dieser Phase der Unbestimmtheit und der Umstrukturierung
versprachen die Postgraduate Institute Orientierung, Informationsvorsprung
und Spezialisierung. Innerhalb der veränderten Situation könnte
dies zu einer Kritik der Bedingungen wie auch zu einer verbesserten
Wettbewerbsfähigkeit führen.
Im Kielwasser des anglo-amerikanischen
Theorie Importes kam es zur Wiederentdeckung der ‘Cultural Studies’
und ‘Gender Studies’ und damit zu einem interdisziplinärem, sozialen
und politischen Ansatz der Lehre.
Allerdings wurde der Betrieb
und die Organisationsstruktur der Schulen eher von den Effizienz-
und Rationalisierungsprogrammen der ‘New Economy’ inspiriert, wie
sie Anfang der Neunziger in der (Betriebs-) Wirtschaft zirkulierten.
Diese Re-Organisierung brachte auch andere, ökonomistische und kulturalistische
Modelle ins Spiel und eine neue, sie begleitende Sprache.
Besonders die kleinen Postgraduate
Institute sind und waren für solche Einflüsse empfänglich, sind
sie doch entsprechend kurzfristig veränderbar. Unter dem Aspekt
neoliberaler Organisationsstrukturen und -Lehre könnte man von einer
‘experimentellen Programmierbarkeit’ sprechen, um neue Standards
zu setzen. Das macht sie zu interessanten Studienobjekten.
Doch neben der freiwilligen
oder unbewußten Übernahme der postfordistischen Rhetorik wurde auch
Druck von ministerieller Seite ausgeübt. Zunehmend wird die Vergabe
von Förderungsgeldern an die erfolgreiche Vermittlung von Studienabgänger
geknüpft[4].
In Vorbereitung auf eine
Homogenisierung der Ausbildungsstrukturen kam es zudem seit den
1980er Jahren zu nationalen Verwaltungs- und Instituts-Reformen[5]. Über kurz oder lang wird in Gesamt-Europa
eine einheitliche Anpassung an das Anglo-Amerikanische Bildungssystem
vollzogen werden.
Es setzt sich denn auch
in Kontinentaleuropa ein Ausbildungssystem durch, das in seiner
Entstehungsgeschichte schon sehr früh damit begonnen hat, selbst
die allgemeine Schulausbildung zu privatisieren, was nichts weiter
heißt, als daß die Qualität der Ausbildung mehr denn je den finanziellen
Möglichkeiten des Auszubildenden entsprechen wird.
DIE CORPORATE-ACADEMY
Man könnte unter zwei Bedingungen
von einer Corporate-Academy sprechen:
Zum einen, wenn die Academy
selbst corporate Strukturen entwickelt, die den neuen Bedingungen
von ‘Lean Management’ und ‘Corporate Identity’ entsprechen. Inwieweit
eine solche Academy dann selbst ‘zum Unternehmer’ wird und/oder
sich privatisieren und incorporieren läßt, ist dabei weniger interessant.
Zum andern könnte man von
einer Corporate-Academy sprechen, wenn sie KünstlerInnen ausbildet,
die innerhalb einer zunehmend Corporaten Öffentlichkeit eine stabilisierende
Rolle einnehmen. Für diese Frage aber müßte man abschweifen und
untersuchen, inwieweit die allgemeinen kulturellen Verhältnisse
bereits den ‘corporaten’ Bedingungen unterworfen sind.[6]
Vor diesem Hintergrund
gälte es aber auch zu untersuchen, wie affirmativ oder wie kritisch
sich die an den Schulen vermittelten Kunst-, Kultur- und Gesellschaftsbegriffe
gegenüber den neuen Bedingungen verhalten. Dies gilt ebenso für
die jeweils beschrittenen Distributionswege der Institute.
In welche Zusammenhänge
werden die jungen KulturproduzentInnen hineingeführt und wie verhalten
sie sich dort? Werden sie nicht zu bloßen Content-Providern für
die Kontext-Provider? D.h. können sie dort überhaupt ihre künstlerischen
Anliegen vortragen ohne von den Rahmenbedingungen, der Imagepolitik
im globalen Wettbewerb, subsumiert zu werden? Denn sind nicht viele
‘unserer’ neuen Biennalen hauptsächlich Städtewerbung, die der Konkurrenzfähigkeit
im ‘internationalen Standortwettbewerb dienen?
Ist es nicht eine Ausbildung
zu unterwürfiger Akzeptanz dieser Bedingungen, wenn das erzeugte
Begehren und die Vertriebskanäle dorthin abzielen? Wie kann eine
zeitgenössische, zukunftsorientierte Kunstausbildung diesen ‘corporaten’
Verhältnissen sonst Rechnung tragen ohne eine neue Form des Hof-
oder Staatskünstlers auszubilden?
Gibt es die Corporate-Academy überhaupt?
Keine Angst! Die folgende
Darstellung einer Corporate-Academy ist dramatisiert und entsprechend
fiktiv. Diese Academy ist aus Begriffen konstruiert, die der Logik
der zeitgenössischen Ökonomie entspringen; sie ist mit den tatsächlichen
Gegebenheiten existierender Postgraduate Institute durchsetzt.
Wer eine solche Academy
besuchen will, betritt erst einmal einen konfliktfreien Raum. Das
Institut macht deutlich, daß es für jede/n StudentIn da ist,
da sein muß, denn die finanzielle und die personelle Investition,
die für jeden einzelne/n StudentIn aufgebracht wird, ist groß.
‘Selten geht ein Student
verloren’ heißt es selbstbewußt. ’Dadurch machen sich in
der jüngeren Generation grenzenlose Zuversicht und Erwartung breit.
Und die jungen Künstler entdecken, daß sie nicht gezwungen sind,
ein desinteressiertes System zu bekämpfen.’[7]
Diesem Phänomen entsprechen
freundliche flache Hierarchien und Teamwork, wie sie zur Zeit auch
in andern Betrieben propagiert werden, denn sie fördern eine Identifikation
mit dem Unternehmen.
Die Academy macht das Angebot,
Zielvorstellungen in Wechselwirkung zu erarbeiten. Die Direktion
betont diese Zusammenarbeit in ihrer Begrüßungsrede: ’…wenn du
alles gibst, was du kannst und radikal dem folgst, was du willst,
geben wir auch alles, was wir können.’
Beide Partner erarbeiten
ein gemeinsames Ziel: Die Kunst der StudentInnen ist Mittel zu ihrer
Karriere, und die Karrieren dienen der Academy zur eigenen Profilierung.
Es gilt, ein erfolgreiches Image aufzubauen. Der Erfolg, wenn er
sich einstellt, wird geteilt und von der Academy auf die eigene
Struktur zurück bezogen.
Neben Regelungen wie Copyright
und Gewinnbeteiligung, werden in einem halbjährlichen bilanzierenden
Report alle Ausstellungen, Stipendien oder Preise von StudentInnen
und LehrerInnen aufgezeichnet. Es gibt im Internet Werkverzeichnisse
aller ehemaligen LehrerInnen und StudentInnen, die bis zum Anfang
der Institution zurückreichen. Diese Listen werden permanent aktualisiert,
dafür hat die Institution eine Person angestellt, die die Kontakte
zu den ehemaligen pflegt.
Die Institution sieht sich
demnach als Club, der alle TeilnehmerInnen zeitlebens verbindet[8]. Immerhin ist man nun ‘eine große
Familie’. In der Formulierung ‘und wenn es denn wirklich nötig
ist, daß du in den Weltraum mußt, dann mieten wir dir einen Platz
auf der MIR…’ macht die Academy ihr doppeltes Selbstverständnis
als ‘Elternteil’ und als Dienstleistungspartner deutlich. Die ‘Kinder’
oder ‘PartizipantInnen’ bilden eine Art Investitionspotential, man
versucht ihnen ‘alles’ zu geben.
Die Corporate-Academy
hat ein hohes Interesse an Öffentlichkeit: Nach außen hin öffnet
sich die Schule in ein etabliertes Netz von Beziehungen und Patenschaften
(Vettern-), die wie Gleise die in das Zentrum des Kunstbetriebes
führen. Mit der Qualität der Schnittmenge zwischen Innen und Außen
steigt die Chance einer glücklichen Distribution der StudentInnen.
Sie versucht unter Wahrung
ihrer Exklusivität einen Anteil an dem sie umgebenden Kunstbereich
zu nehmen und auf diesen Einfluß zu gewinnen. Sie versucht ferner
den Anteil an Einfluß auszudehnen. Dies gelingt zum einen mit der
Zulassung von StudenInnen die ein gewisses ‘szenefähiges’ Potential
mit in die Schule hinein bringen und zum anderen mit der Protektion
erfolgreicher StudienabgängerInnen. Indem die Academy die sich verzweigenden
Generationen ehemaliger StudentInnen zu verbinden versucht, installiert
sie sich in andere Bereiche und Institutionen hinein.
Die Postgraduate-Academy
sieht ihre Kompetenz also nicht nur in einer ‘Künstlerausbildung’,
sie möchte Schulen bilden, ‘Szene’ erzeugen.
D.h. sie will künstlerische
Diskurse produzieren, die in ihrer internationalen Verbreitung der
Academy zugeschrieben werden. Dies nennt man im Bereich der Wirtschaft
‘Branding’, ‘Imagebildung’ oder ‘Corporate Identity’.
Diese Identitätskonstruktion beginnt im Inneren der Academy.
Sie bildet intern - wenn
auch vereinfacht - das Außen ab, also den Kunstbetrieb mit seinen
verschiedenen Funktionen: Bereits etablierte KünstlerInnen stellen
sich neben NovizInnen, KritikerInnen reichen KuratorInnen die Hand,
es gibt Stipendien und kleine Ausstellungen, eine Verwaltung, die
Kontakte oder materielle Ressourcen zu vergeben hat. Während ihres
zweijährigen Aufenthaltes können die PartizipientInnen so all das
Verhalten einstudieren, das für die Szene außerhalb notwendig ist.
Allerdings wird auf Effizienz
geachtet: Unproduktivität, Absenzen und Kritik am Organismus der
Schule werden als Fehlinvestition betrachtet und sanktioniert. Schon
im Aufnahmegespräch beugt man einer mangelnder Identifikation vor:
‘…ob man denn wirklich beabsichtige über Jahre hinweg kommunikationsbereit
und anwesend zu sein...?’
Diesen Anspruch auf Unbedingtheit
stellte bisher nur der Professor der traditionellen Kunstakademie.
Die Geniefigur als Herausforderung bildete das Zentrum aller Kommunikation.
Nun aber übernimmt die Postgraduate-Academy hier auch diese Rolle.
Das geforderte Engagement
gilt lediglich dieser Unbedingtheit von Kommunikation und Identifikation
mit dem Lehrgebäude. Auch wenn die Academy dies eigentlich zu vermeiden
sucht, erreicht sie letztendlich dasselbe wie der Professor einer
Meisterklasse, nämlich die Affirmation der Lehre, ihre
Re-Produktion.
Diese Re-Produktion ist für eine (Corporate)-Identity konstitutiv
und bei den Postgraduate Institutionen im Sinne einer Schul- oder
Stil-Bildung zu sehen. Sie wird durch die ‘optimale’ Distribution
der produzierten KünstlerInnen auch international durchgesetzt.
Auf diese Weise multipliziert und vertreibt die Academy sich selbst,
sie mischt sich in die Diskussion um Postgraduate-Academies ein,
sie versteht sich als ein Prototyp, dessen Struktur an andere Orte
transportierbar ist.
ABER WAS IST INTERNATIONAL?
Fast alle Postgraduate
Institute finden sich in westlichen Metropolen. Doch sind sie gewöhnlich
internationaler zusammengesetzt und ausgerichtet als Undergraduate
Institute[9]. Die
Zulassungsbedingungen stellen allerdings merkwürdige Filter dar.
Häufig ist weniger die künstlerische Qualifikation als die finanzielle
Ausstattung der StudentInnen ausschlaggebend für die Aufnahme. An
britischen Instituten z.B. bezahlen StudentInnen aus ‘Übersee’ oft
mehr als das 3-fache der Studiengebühren und werden häufig nur deshalb
aufgenommen um die Finanzlage der Schule in Schwung zu bringen[10].
Obwohl sich also alle Institute dieser internationalen Zusammensetzung
und Beziehungen rühmen, sind sie doch auch alle einem westlichen
bzw. europäischen Kunst- und Kulturbegriff verpflichtet. Sie verhalten
sich dabei nicht anders als die eindeutig nationalen Kulturförderungen
wie NIFCA in Skandinavien, die Mondrian Stichting in den Niederlanden
oder der British Council[11].
Vermittelt oder ausgetauscht werden die KünstlerInnen meist nur
dorthin, wo ein (realer) Markt oder Werbung (kulturelle Repräsentation)
Vorteile verspricht.
‘INTERNATIONAL’ ist in diesem Kontext keine grenzüberschreitende
Eigenschaft zur Kommunikation zwischen oder über Differenz, sondern
bedeutet die Einführung eines neuen Standards: Ein homogenisiertes
Vertriebssystem mit dem Namen ‘international’.
Teilnahmeberechtigt sind nur diejenigen, die die Anpassung an die
gleichen Bedingungen von Markt und Distribution vollziehen. Differenz
ist nicht zu verwechseln mit Dissidenz, sondern steht hier für eine
multikulturell bunte Vielfalt im Angebot der Waren.
Gerade weil die Postgraduate-Academy der Hegemonie des globalen
Marktes gehorchend ihre (westlichen) ‘Produkte’ weltweit vertreiben,
ist es die Frage, inwieweit diese bereits Standard geworden sind.
Als ein Verhandlungsort eines kulturellen Austausches versucht sich
zur Zeit die Rijkskademie zu etablieren, in der gerade die Entwicklung
des Projekts RAIN (Rijksakademie International Network) vorangetrieben
wird (vgl. Studienführer: Rijksakademie van beeldene Kunsten, Amsterdam).
Müßte sich die Academy nicht selbst zum Gegenstand seiner Forschung
machen? Würde hierzu nicht auch eine historische Reflexion gehören,
um sich der teils gemeinsamen kolonialen Vergangenheit bewußt zu
werden?
Sich dem Problem kultureller Differenz zu stellen ist sicherlich
schwierig. Scheint es doch als würden die nomadisierenden Kuratoren
des (westlichen) Kunstberiebs wie einst die Ethnologen im 19ten
Jahrhundert die (dritte) Welt bereisen: Plötzlich steht dann alles
im Museum...
Und wird die hysterisierten Aufladung von ‘postcolonial’ Diskursen
im Vorfeld der symbolischen Kapitalbildung der Dokumenta XI der
Sache eher schaden oder nutzen? Doch was ist die ‘Sache’? Gibt es
überhaupt einen Kunstbegriff außerhalb der ‘neo-colonial’ Ausdehnungs-
und Incorporations-Modelle?
Hier möchte ich am Ende meiner Ausführungen auf das Seminar ‘sounding
difference’ von Sarat Maharaj und Anni Fletcher verweisen, das den
Umgang mit sozialer Differenz und den entsprechenden ‘kulturellen
Übersetzungsleistungen’ beschreibt. Es wurde an der Jan van Eyck
Akademie in Maastricht entwickelt (vgl. Studienführer):
„Welche Umformungen von ‘Differenz‘ und ‘Andersheit‘ werden im
Namen der Toleranz vorgenommen? In den üblichen Toleranzvostellungen
bleibt das Selbst allzusehr verschont. In solchen Fällen wird die
Toleranz zum Verwaltungs- und Kontrollorgan von Differenz und Andersheit.
Die repressive Toleranz äußert sich als ‘Notwendigkeit zur Assimilierung‘
und folgt der Logik des Gleichen. Demgegenüber steht die selbstreflexive,
kritische Toleranz.
Bei dieser spannenden Auseinandersetzung erweist sich die verlegte
Szene der kulturellen Übersetzung als Ort einer unabschließbaren
existentiellen und ethischen Begegnung.“ [12]
Das klingt schon einmal gut. Doch wer fragt darüber hinaus, nach
der Solidarität in der Differenz, gegen die Repressionen einer homogenisierender
Ökonomie?
footnotes:
[1] De Ateliers wurde 1963 gegründet; das Whitney-Study-Programm
1979. Ende der 1980er wurde das Goldsmith-College in London neu
strukturiert. Diese Maßnahme wurde oft als Basis des Britpop-Erfolges
gesehen. 1992 werden sowohl die Rijksakademie van Beeldene Kunsten
in Amsterdam, als auch die Jan van Eyck Akademie in Maastricht
neu organisiert. 1993 zieht de ateliers (studio 63) von Haarlem
in das ehemalige Gebäude der Rijksakademie nach Amsterdam. 1997
wurde das Center for Contemporary Arts (CCA) in Kitakyushu (Japan)
eröffnet. Für eine Postgraduate Ausbildung die sich an den sogenannten
‘Neuen Medien’ orientiert, sollen die Kölner Akademie für Neue
Medien und das ZKM/ Karlsruhe erwähnt werden.
Parallel dazu
entstanden verschiedentlich ‘artist in residence’ Programme auf
die hier jedoch weiter nicht eingegangen werden soll da sie keinerlei
‘Lehr-Betrieb’ integriert haben: Das älteste dieser Programme
ist die 1957 gegründete Cité Internationale des Arts in Paris.
Das PS1 wird 1976 in New York eröffnet. Das Künstlerhaus Bethanien
in Berlin wird 1974 durch Künstler besetzt und anschließend zu
einer ‘artist in residence’ Institution umstrukturiert, deren
Studios an Länder oder Stiftungen vermietet werden. Dem vergleichbar
ist das Schloß Solitude, 1990 bei Stuttgart gegründet.
[2] Für die teilnehmenden KünstlerInnen der Manifesta 2 beträgt
der Zeitraum zwischen Schulabschluss und dieser Großausstellung
etwa zwei Jahre. Im Schnitt wurden mindestens 2 verschieden Schulen
besucht, eine davon meist ein Postgraduierteninstitut. Jeder 9.
Teilnehmer dieser Ausstellung hat die Rijksakademie in Amsterdam
absolviert.
vgl.: ‘Manifesta 2’-Katalog, Luxemburg, 98
[3] Vgl. hierzu: „Séan Kimber and Simon Periton chat to Merlin
Carpenter and Nils Norman about St. Martins and the changes that
have recently occurred there. Tuesday 13th December 1994.„ S 240-257
in AKADEMIE, Hg. Stephan Dillemuth 1995 Permanent Press Verlag.
St. Martins basically halved the resources and doubled the student
intake at that time. They lost the validation from the Council
for National Academic Affairs. Degrees are given out today based
on a selfvalidated ‘independence’. St. Martins claims to ‘own’
the work that is produced inside of the school. They take a percentage
from any work sold in degree exhibitions. The staff is paid ‘performance
related’: Number of students placed and number of students retained
on the course and fee paying.
And what is the final operation? The College wants a production
line, eye-catching, selfadvertising. The degree show is a product
and if the student has a good career that’s good product for the
college.
[4] Die Selbstdarstellung des ‘Royal College Of Art’
liest sich in diesem Zusammenhang exemplarisch, beinahe wie eine
freiwillige Vorwegnahme dieser Forderungen: ‘The Royal College
has been described as…the best of pre-professional training, rightly
admired all over the world. To verify this statement, the college
has recently competed a major and long overdue statistical survey
covering the last five years which reveals that an average of
92,5% of graduates have gone on to work at the right levels in
areas for which the College helped to equip and educate them.
In Computer Related Design, the figure is 100%, in Vehicle Design
98%, in fashion 98%, in Painting and Sculpture 92%.’ (see www.rca.ac.uk)
Vergleichbar heißt es im Goldsmiths College Postgraduate Prospectus
Entry 2001, S. 129: ‘In the most recent Research Assessment Exercise
(1996), we were one of the only two university departments in
the UK to receive the top rating 5* - indicating national and
international excellence - for research in Art and Design.’
[5] Für die ‘traditionelle’ Düsseldorfer Akademie bedeutete
dies, daß ein, wenn auch beschränktes, theoretisches Studium mit
Diplomabschluß an das freie Kunst-Studium gebunden wurde. Zugleich
wurde die Studienzeit, deren Länge vorher in der Verantwortung
des Lehrers lag (15 oder mehr Semester waren nicht selten), formal
auf 10 Semester beschränkt. Vielleicht ist deshalb das freie ‘undergraduate’
Kunststudium zu kurz geworden für die ‘Selbst-Findungs-Prozesse’.
Das formales Äquivalent deutscher Akademien für den ‘internationalen’
Postgraduate-Status, - ein ‘Meisterjahr’ bzw. einjähriges ‘Aufbaustudium’
– bietet hier keinen neuen inhaltlichen Aspekt, es ist lediglich
eine Verlängerung der Studienzeit.
[6] Siehe die anderen Texte Beiträge dieser Publikation:
Davies/Ford, Andrea Fraser, Creischer/Siekmann
[7] ‘Sensation’ Katalog ‘Von Freeze bis House: 1988-1994’,
S.19, Ostfildern, 1998. Im weiteren heißt es:
‘Da sind zunächst die üblichen Faktoren: die Last der jüngsten
Geschichte und der formende Einfluß der Ausbildung: soziale Bande;
die komplexe Interaktion von Künstlern in einer etablierten Kunstszene
und der Versuch, sich dieser Szene entweder anzuschließen oder
sie durch eigene Werte und ein neues System zu ersetzen.’, S.19
[8] Dieser ‘Club’ wird im Goldsmiths College Postgraduate
Prospectus, Entry 2001, S.17 folgendermaßen beschrieben: ’When
you finish your studies at Goldsmiths, you’ll have something in
common with thousands of our alumni. Our graduates are to be found
in the arts, the media, education, music, politics and business;
they’re also making the news as the ‚Goldsmith School‘ of contemporary
artists.’
[9] Ist das Royal College am stärksten allein auf eine nationale
Teilnahme am Programm ausgelegt, weist das Goldsmiths-College
ein Verhältnis von 50:40:10 (Nation:EU:Übersee). In den Niederlanden
gilt für die Jan van Eyck Akademie 50:40:10 und für die Rijksakademie
41:35:24 (1999). Die Rijksakademie arbeitet gegenüber dem Ministerium
(von dem sie finanziell abhängt) seit Jahren darauf hin, den nationalen
Anteil zu verringern. Mit Erfolg: die Quote der nationalen Teilnehmer
wird in 1996 auf 50%. Auch hat im Jahr 2000 das Dutch Ministry
of Foreign Affairs angefragt, ob mit einer überschüssigen Geldsumme
ein Projekt entwickelt werden kann, das eine kulturelle Nord-Süd-Achse
etabliert. Das Projekt RAIN (Rijksakademie International Network)
wird im gleichen Jahr gegründet.
[10] Es stellt sich die Frage wer sich ohne Unterstützung
(etwa der UNESCO) fast DM 40.000 Studiengebühr bezahlen kann.
Doch das Geschäft mit den StudentInnen aus Übersee ist lukrativ,
manche Colleges machen gezielt Werbung in Japan. (vergl.: „Séan
Kimber and Simon Periton chat to Merlin Carpenter and Nils Norman
about St. Martins and the changes that have recently occurred
there. Tuesday 13th December 1994.„ s.o.) Im Falle des Royal College
und Goldsmiths werden Studiengebühren von ÜberseestudentInnen
an einer Stelle als Einnahmequelle verstanden, an anderer Stelle
äußert man die Absicht Übersee-StudentInnen weitgehend zu vermeiden.
[11] So sind in die Manifesta 2 in Luxemburg noch einige
in den Niederlanden ansässige Künstler ‘hineigerutscht’, weil
die Mondrian Stichting ihre Förderung von einer Niederländischen
Quote abhängig gemacht hat
[12] aus: ‘Sounding Difference’. Ein Gespräch zwischen Sarat
Maharaj und Anni Fletcher über den Umgang mit sozialer Differenz.
Springerin Bd.6 Heft 1, S. 21
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