Postgraduate-Academies und ihre Verträge

 

 

 

 

 

 



‘Die Akademie verfügt über sämtliche Benefizien, mit denen ein Künstler nur rechnen kann, und über sämtliche Machtmittel, die einen Künstler einzuschüchtern geeignet sind. Sie vergibt die Staatsstellen, die öffentlichen Aufträge und die Titel; sie besitzt das Monopol des Kunstunterrichtes und hat die Möglichkeit, die Entwicklung des Künstlers von seinen ersten Anfängen bis zu seiner endgültigen Verwendung zu überwachen; sie verleiht Preise, vor allem den Rompreis, und die Pensionen; von ihr hängt die Zulassung zu Ausstellungen und Konkurrenzen ab; die von ihr vertretenen Kunstanschauungen genießen einen besonderes Ansehen in den Augen der Öffentlichkeit und sichern dem sich nach ihnen richtenden Künstler von vorneherein eine bevorzugte Stellung.’


Arnold Hauser ‘Sozialgeschichte der Kunst und Literatur’, München 1953

 

DIE NEUBEWERTUNG DES POSTGRADUATE INSTITUTS

Die Diskussion zeitgenössischer Kunst-Ausbildung drehte sich in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts zunehmend um Ausbildung von SpezialistInnen an Postgraduate Instituten (Postgraduate-Academy).

Für viele dieser Institutionen, die ihr Entstehen einer Gründungseuphorie der 60er und 70er Jahre verdanken, kommt die neue Aufmerksamkeit einer Revitalisierung gleich, schien das Modell in den 1980ern doch eher abgegriffen[1]. Die vorgenommene Aufwertung dieser Institute kann zudem als Symptom einer Stagnation der traditionellen, ‘undergraduate’ Kunstakademien verstanden werden.

Denn im Gegensatz zu den eher traditionellen Kunstakademien erzieht das Postgraduate Institut weniger zur Produktion von Kunstgegenständen als zu deren Distribution.

Vor allem aber zielt es auf die Distribution derer, die nun von Kunst- zu Kultur-ProduzentInnen avancieren.

Die stärkere Gewichtung von Vertrieb und Verteilung geht aber Hand in Hand mit einem sich verschärfenden Wettbewerb, auch im kulturellen Sektor. Die Postgraduate Institute arbeiten daher oft mit Erfolgsversprechen, wie man sie aus kleineren und (halb-) privaten Eliteschulen kennt[2].

Es wird nicht erstaunen, wenn die meisten Postgraduierten Institute Unternehmenscharakter aufweisen. Kann man deshalb schon von Corporate-Academies sprechen?

Auch wenn diese Institutionen (noch) nicht von supranationalen Konzernen ‘in-corporiert’ sind, soll untersucht werden, inwieweit die Postgraduate-Academies die veränderten  Parameter des sogenannten ‘Turbo’-Kapitalismus in ihrer eigenen Organisation und Lehre verinnerlicht haben[3].

Werden diese Veränderungen die Rolle der Kunst und der KünstlerInnen in unserer Gesellschaft neu definieren? In dieser Hinsicht ist auch ein Versprechen von ‘Internationalität’ auf eine westlich-hegemoniale Tendenz hin zu befragen, vor allem wenn es sich auf die sogenannten Peripherie, außerhalb des westlichen Kulturbereiches, bezieht.

Die Gründe für die erneute Aufwertung der Postgraduate Institute sind vielfältig

In Europa müssen wir sie vor dem Hintergrund des Scheiterns der 1980er Jahre Kunst betrachten. Anfang der 1990er Jahre war der Markt für eine Kunst die sich hauptsächlich in der Herstellung von Objekten manifestierte erst einmal gesättigt. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen wurde auch in der Kunst die Distribution und die Dienstleistung wichtiger als die Produktion der zu vertreibenden Produkte. Die Software wurde wichtiger als die Hardware.

Das Verlangen nach Informationen zum Verständnis dieser wesentlichen gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen führte im Bereich der bildenden Kunst zu einem verstärkten Interesse an Theorie und im Zuge zu deren Import und Vertrieb im Kunstbereich. In dieser Phase der Unbestimmtheit und der Umstrukturierung versprachen die Postgraduate Institute Orientierung, Informationsvorsprung und Spezialisierung. Innerhalb der veränderten Situation könnte dies zu einer Kritik der Bedingungen wie auch zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit führen.

Im Kielwasser des anglo-amerikanischen Theorie Importes kam es zur Wiederentdeckung der ‘Cultural Studies’ und ‘Gender Studies’ und damit zu einem interdisziplinärem, sozialen und politischen Ansatz der Lehre.

Allerdings wurde der Betrieb und die Organisationsstruktur der Schulen eher von den Effizienz- und Rationalisierungsprogrammen der ‘New Economy’ inspiriert, wie sie Anfang der Neunziger in  der (Betriebs-) Wirtschaft zirkulierten. Diese Re-Organisierung brachte auch andere, ökonomistische und kulturalistische Modelle ins Spiel und eine neue, sie begleitende Sprache.

Besonders die kleinen Postgraduate Institute sind und waren für solche Einflüsse empfänglich, sind sie doch entsprechend kurzfristig veränderbar. Unter dem Aspekt neoliberaler Organisationsstrukturen und -Lehre könnte man von einer ‘experimentellen Programmierbarkeit’ sprechen, um neue Standards zu setzen. Das macht sie zu interessanten Studienobjekten.

Doch neben der freiwilligen oder unbewußten Übernahme der postfordistischen Rhetorik wurde auch Druck von ministerieller Seite ausgeübt. Zunehmend wird die Vergabe von Förderungsgeldern an die erfolgreiche Vermittlung von Studienabgänger geknüpft[4].

In Vorbereitung auf eine Homogenisierung der Ausbildungsstrukturen kam es zudem seit den 1980er Jahren zu nationalen Verwaltungs- und Instituts-Reformen[5]. Über kurz oder lang wird in Gesamt-Europa eine einheitliche Anpassung an das Anglo-Amerikanische Bildungssystem vollzogen werden.

Es setzt sich denn auch in Kontinentaleuropa ein Ausbildungssystem durch, das in seiner Entstehungsgeschichte schon sehr früh damit begonnen hat, selbst die allgemeine Schulausbildung zu privatisieren, was nichts weiter heißt, als daß die Qualität der Ausbildung mehr denn je den finanziellen Möglichkeiten des Auszubildenden entsprechen wird.

 

DIE CORPORATE-ACADEMY

Man könnte unter zwei Bedingungen von einer Corporate-Academy sprechen:

Zum einen, wenn die Academy selbst corporate Strukturen entwickelt, die den neuen Bedingungen von ‘Lean Management’ und ‘Corporate Identity’ entsprechen. Inwieweit eine solche Academy dann selbst ‘zum Unternehmer’ wird und/oder sich privatisieren und incorporieren läßt, ist dabei weniger interessant.

Zum andern könnte man von einer Corporate-Academy sprechen, wenn sie KünstlerInnen ausbildet, die innerhalb einer zunehmend Corporaten Öffentlichkeit eine stabilisierende Rolle einnehmen. Für diese Frage aber müßte man abschweifen und untersuchen, inwieweit die allgemeinen kulturellen Verhältnisse bereits den ‘corporaten’ Bedingungen unterworfen sind.[6]

Vor diesem Hintergrund gälte es aber auch zu untersuchen, wie affirmativ oder wie kritisch sich die an den Schulen vermittelten Kunst-, Kultur- und Gesellschaftsbegriffe gegenüber den neuen Bedingungen verhalten. Dies gilt ebenso für die jeweils beschrittenen Distributionswege der Institute.

In welche Zusammenhänge werden die jungen KulturproduzentInnen hineingeführt und wie verhalten sie sich dort? Werden sie nicht zu bloßen Content-Providern für die Kontext-Provider? D.h. können sie dort überhaupt ihre künstlerischen Anliegen vortragen ohne von den Rahmenbedingungen, der Imagepolitik im globalen Wettbewerb, subsumiert zu werden? Denn sind nicht viele ‘unserer’ neuen Biennalen hauptsächlich Städtewerbung, die der Konkurrenzfähigkeit im ‘internationalen Standortwettbewerb dienen?

Ist es nicht eine Ausbildung zu unterwürfiger Akzeptanz dieser Bedingungen, wenn das erzeugte Begehren und die Vertriebskanäle dorthin abzielen? Wie kann eine zeitgenössische, zukunftsorientierte Kunstausbildung diesen ‘corporaten’ Verhältnissen sonst Rechnung tragen ohne eine neue Form des Hof- oder Staatskünstlers auszubilden?


Gibt es die Corporate-Academy überhaupt?


Keine Angst! Die folgende Darstellung einer Corporate-Academy ist dramatisiert und entsprechend fiktiv. Diese Academy ist aus Begriffen konstruiert, die der Logik der zeitgenössischen Ökonomie entspringen; sie ist mit den tatsächlichen Gegebenheiten existierender Postgraduate Institute durchsetzt.

Wer eine solche Academy besuchen will, betritt erst einmal einen konfliktfreien Raum. Das Institut macht deutlich, daß es für jede/n StudentIn da ist, da sein muß, denn die finanzielle und die personelle Investition, die für jeden einzelne/n StudentIn aufgebracht wird, ist groß.

‘Selten geht ein Student verloren’ heißt es selbstbewußt. ’Dadurch machen sich in der jüngeren Generation grenzenlose Zuversicht und Erwartung breit. Und die jungen Künstler entdecken, daß sie nicht gezwungen sind, ein desinteressiertes System zu bekämpfen.’[7]

Diesem Phänomen entsprechen freundliche flache Hierarchien und Teamwork, wie sie zur Zeit auch in andern Betrieben propagiert werden, denn sie fördern eine Identifikation mit dem Unternehmen.

Die Academy macht das Angebot, Zielvorstellungen in Wechselwirkung zu erarbeiten. Die Direktion betont diese Zusammenarbeit in ihrer Begrüßungsrede: ’…wenn du alles gibst, was du kannst und radikal dem folgst, was du willst, geben wir auch alles, was wir können.’ 

Beide Partner erarbeiten ein gemeinsames Ziel: Die Kunst der StudentInnen ist Mittel zu ihrer Karriere, und die Karrieren dienen der Academy zur eigenen Profilierung. Es gilt, ein erfolgreiches Image aufzubauen. Der Erfolg, wenn er sich einstellt, wird geteilt und von der Academy auf die eigene Struktur zurück bezogen.

Neben Regelungen wie Copyright und Gewinnbeteiligung, werden in einem halbjährlichen bilanzierenden Report alle Ausstellungen, Stipendien oder Preise von StudentInnen und LehrerInnen aufgezeichnet. Es gibt im Internet Werkverzeichnisse aller ehemaligen LehrerInnen und StudentInnen, die bis zum Anfang der Institution zurückreichen. Diese Listen werden permanent aktualisiert, dafür hat die Institution eine Person angestellt, die die Kontakte zu den ehemaligen pflegt.

Die Institution sieht sich demnach als Club, der alle TeilnehmerInnen zeitlebens verbindet[8]. Immerhin ist man nun ‘eine große Familie’. In der Formulierung ‘und wenn es denn wirklich nötig ist, daß du in den Weltraum mußt, dann mieten wir dir einen Platz auf der MIR…’ macht die Academy ihr doppeltes Selbstverständnis als ‘Elternteil’ und als Dienstleistungspartner deutlich. Die ‘Kinder’ oder ‘PartizipantInnen’ bilden eine Art Investitionspotential, man versucht ihnen ‘alles’ zu geben.

Die Corporate-Academy hat ein hohes Interesse an Öffentlichkeit: Nach außen hin öffnet sich die Schule in ein etabliertes Netz von Beziehungen und Patenschaften (Vettern-), die wie Gleise die in das Zentrum des Kunstbetriebes führen. Mit der Qualität der Schnittmenge zwischen Innen und Außen steigt die Chance einer glücklichen Distribution der StudentInnen.

Sie versucht unter Wahrung ihrer Exklusivität einen Anteil an dem sie umgebenden Kunstbereich zu nehmen und auf diesen Einfluß zu gewinnen. Sie versucht ferner den Anteil an Einfluß auszudehnen. Dies gelingt zum einen mit der Zulassung von StudenInnen die ein gewisses ‘szenefähiges’ Potential mit in die Schule hinein bringen und zum anderen mit der Protektion erfolgreicher StudienabgängerInnen. Indem die Academy die sich verzweigenden Generationen ehemaliger StudentInnen zu verbinden versucht, installiert sie sich in andere Bereiche und Institutionen hinein.

Die Postgraduate-Academy sieht ihre Kompetenz also nicht nur in einer ‘Künstlerausbildung’, sie möchte Schulen bilden, ‘Szene’ erzeugen.

D.h. sie will künstlerische Diskurse produzieren, die in ihrer internationalen Verbreitung der Academy zugeschrieben werden. Dies nennt man im Bereich der Wirtschaft ‘Branding’, ‘Imagebildung’ oder ‘Corporate Identity’.

Diese Identitätskonstruktion beginnt im Inneren der Academy.

Sie bildet intern - wenn auch vereinfacht - das Außen ab, also den Kunstbetrieb mit seinen verschiedenen Funktionen: Bereits etablierte KünstlerInnen stellen sich neben NovizInnen, KritikerInnen reichen KuratorInnen die Hand, es gibt Stipendien und kleine Ausstellungen, eine Verwaltung, die Kontakte oder materielle Ressourcen zu vergeben hat. Während ihres zweijährigen Aufenthaltes können die PartizipientInnen so all das Verhalten einstudieren, das für die Szene außerhalb notwendig ist.

Allerdings wird auf Effizienz geachtet: Unproduktivität, Absenzen und Kritik am Organismus der Schule werden als Fehlinvestition betrachtet und sanktioniert. Schon im Aufnahmegespräch beugt man einer mangelnder Identifikation vor: ‘…ob man denn wirklich beabsichtige über Jahre hinweg kommunikationsbereit und anwesend zu sein...?’

Diesen Anspruch auf Unbedingtheit stellte bisher nur der Professor der traditionellen Kunstakademie. Die Geniefigur als Herausforderung bildete das Zentrum aller Kommunikation. Nun aber übernimmt die Postgraduate-Academy hier auch diese Rolle.

Das geforderte Engagement gilt lediglich dieser Unbedingtheit von Kommunikation und Identifikation mit dem Lehrgebäude. Auch wenn die Academy dies eigentlich zu vermeiden sucht, erreicht sie letztendlich dasselbe wie der Professor einer Meisterklasse, nämlich die Affirmation der Lehre, ihre Re-Produktion.

Diese Re-Produktion ist für eine (Corporate)-Identity konstitutiv und bei den Postgraduate Institutionen im Sinne einer Schul- oder Stil-Bildung zu sehen. Sie wird durch die ‘optimale’ Distribution der produzierten KünstlerInnen auch international durchgesetzt.

Auf diese Weise multipliziert und vertreibt die Academy sich selbst, sie mischt sich in die Diskussion um Postgraduate-Academies ein, sie versteht sich als ein Prototyp, dessen Struktur an andere Orte transportierbar ist.

ABER WAS IST INTERNATIONAL?

Fast alle Postgraduate Institute finden sich in westlichen Metropolen. Doch sind sie gewöhnlich internationaler zusammengesetzt und ausgerichtet als Undergraduate Institute[9]. Die Zulassungsbedingungen stellen allerdings merkwürdige Filter dar. Häufig ist weniger die künstlerische Qualifikation als die finanzielle Ausstattung der StudentInnen ausschlaggebend für die Aufnahme. An britischen Instituten z.B. bezahlen StudentInnen aus ‘Übersee’ oft mehr als das 3-fache der Studiengebühren und werden häufig nur deshalb aufgenommen um die Finanzlage der Schule in Schwung zu bringen[10].

Obwohl sich also alle Institute dieser internationalen Zusammensetzung und Beziehungen rühmen, sind sie doch auch alle einem westlichen bzw. europäischen Kunst- und Kulturbegriff verpflichtet. Sie verhalten sich dabei nicht anders als die eindeutig nationalen Kulturförderungen wie NIFCA in Skandinavien, die Mondrian Stichting in den Niederlanden oder der British Council[11].

Vermittelt oder ausgetauscht werden die KünstlerInnen meist nur dorthin, wo ein (realer) Markt oder Werbung (kulturelle Repräsentation) Vorteile verspricht.

‘INTERNATIONAL’ ist in diesem Kontext keine grenzüberschreitende Eigenschaft zur Kommunikation zwischen oder über Differenz, sondern bedeutet die Einführung eines neuen Standards: Ein homogenisiertes Vertriebssystem mit dem Namen ‘international’.

Teilnahmeberechtigt sind nur diejenigen, die die Anpassung an die gleichen Bedingungen von Markt und Distribution vollziehen. Differenz ist nicht zu verwechseln mit Dissidenz, sondern steht hier für eine multikulturell bunte Vielfalt im Angebot der Waren.

Gerade weil die Postgraduate-Academy der Hegemonie des globalen Marktes gehorchend ihre (westlichen) ‘Produkte’ weltweit vertreiben, ist es die Frage, inwieweit diese bereits Standard geworden sind.

Als ein Verhandlungsort eines kulturellen Austausches versucht sich zur Zeit die Rijkskademie zu etablieren, in der gerade die Entwicklung des Projekts RAIN  (Rijksakademie International Network) vorangetrieben wird (vgl. Studienführer: Rijksakademie van beeldene Kunsten, Amsterdam). Müßte sich die Academy nicht selbst zum Gegenstand seiner Forschung machen? Würde hierzu nicht auch eine historische Reflexion gehören, um sich der teils gemeinsamen kolonialen Vergangenheit bewußt zu werden?

Sich dem Problem kultureller Differenz zu stellen ist sicherlich schwierig. Scheint es doch als würden die nomadisierenden Kuratoren des (westlichen) Kunstberiebs wie einst die Ethnologen im 19ten Jahrhundert die (dritte) Welt bereisen: Plötzlich steht dann alles im Museum...

Und wird die hysterisierten Aufladung von ‘postcolonial’ Diskursen im Vorfeld der symbolischen Kapitalbildung der Dokumenta XI der Sache eher schaden oder nutzen? Doch was ist die ‘Sache’? Gibt es überhaupt einen Kunstbegriff außerhalb der ‘neo-colonial’ Ausdehnungs- und Incorporations-Modelle?

Hier möchte ich am Ende meiner Ausführungen auf das Seminar ‘sounding difference’ von Sarat Maharaj und Anni Fletcher verweisen, das den Umgang mit sozialer Differenz  und den entsprechenden ‘kulturellen Übersetzungsleistungen’ beschreibt.  Es wurde an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht entwickelt (vgl. Studienführer):

„Welche Umformungen von ‘Differenz‘ und ‘Andersheit‘ werden im Namen der Toleranz vorgenommen? In den üblichen Toleranzvostellungen bleibt das Selbst allzusehr verschont. In solchen Fällen wird die Toleranz  zum Verwaltungs- und Kontrollorgan von Differenz und Andersheit. Die repressive Toleranz äußert sich als ‘Notwendigkeit zur Assimilierung‘ und folgt der Logik des Gleichen. Demgegenüber steht die selbstreflexive, kritische Toleranz.
Bei dieser spannenden Auseinandersetzung erweist sich die verlegte Szene der kulturellen Übersetzung als Ort einer unabschließbaren existentiellen und ethischen Begegnung.“
[12]

Das klingt schon einmal gut. Doch wer fragt darüber hinaus, nach der Solidarität in der Differenz, gegen die Repressionen einer homogenisierender  Ökonomie?



footnotes:

[1]
De Ateliers wurde 1963 gegründet; das Whitney-Study-Programm 1979. Ende der 1980er wurde das Goldsmith-College in London neu strukturiert. Diese Maßnahme wurde oft als Basis des Britpop-Erfolges gesehen. 1992 werden sowohl die Rijksakademie van Beeldene Kunsten  in Amsterdam, als auch die Jan van Eyck Akademie in Maastricht neu organisiert. 1993 zieht de ateliers (studio 63) von Haarlem in das ehemalige Gebäude der Rijksakademie nach Amsterdam. 1997 wurde das Center for Contemporary Arts (CCA) in Kitakyushu (Japan) eröffnet. Für eine Postgraduate Ausbildung die sich an den sogenannten ‘Neuen Medien’ orientiert, sollen die Kölner Akademie für Neue Medien und das ZKM/ Karlsruhe erwähnt werden.

Parallel dazu entstanden verschiedentlich ‘artist in residence’ Programme auf die hier jedoch weiter nicht eingegangen werden soll da sie keinerlei ‘Lehr-Betrieb’ integriert haben: Das älteste dieser Programme ist die 1957 gegründete Cité Internationale des Arts in Paris. Das PS1 wird 1976 in New York eröffnet. Das Künstlerhaus Bethanien in Berlin wird 1974 durch Künstler besetzt und anschließend zu einer ‘artist in residence’ Institution umstrukturiert, deren Studios an Länder oder Stiftungen vermietet werden. Dem vergleichbar ist das Schloß Solitude, 1990 bei Stuttgart gegründet.



[2]
Für die teilnehmenden KünstlerInnen der Manifesta 2 beträgt der Zeitraum zwischen Schulabschluss und dieser Großausstellung etwa zwei Jahre. Im Schnitt wurden mindestens 2 verschieden Schulen besucht, eine davon meist ein Postgraduierteninstitut. Jeder 9. Teilnehmer dieser Ausstellung hat die Rijksakademie in Amsterdam absolviert.

vgl.: ‘Manifesta 2’-Katalog, Luxemburg, 98



[3]
Vgl. hierzu: „Séan Kimber and Simon Periton chat to Merlin Carpenter and Nils Norman about St. Martins and the changes that have recently occurred there. Tuesday 13th December 1994.„ S 240-257 in AKADEMIE, Hg. Stephan Dillemuth 1995 Permanent Press Verlag.

St. Martins basically halved the resources and doubled the student intake at that time. They lost the validation from the Council for National Academic Affairs. Degrees are given out today based on a selfvalidated ‘independence’. St. Martins claims to ‘own’ the work that is produced inside of the school. They take a percentage from any work sold in degree exhibitions. The staff is paid ‘performance related’: Number of students placed and number of students retained on the course and fee paying.

And what is the final operation? The College wants a production line, eye-catching, selfadvertising. The degree show is a product and if the student has a good career that’s good product for the college.

[4] Die Selbstdarstellung des ‘Royal College Of Art’ liest sich in diesem Zusammenhang exemplarisch, beinahe wie eine freiwillige Vorwegnahme dieser Forderungen: ‘The Royal College has been described as…the best of pre-professional training, rightly admired all over the world. To verify this statement, the college has recently competed a major and long overdue statistical survey covering the last five years which reveals that an average of  92,5% of graduates have gone on to work at the right levels in areas for which the College helped to equip and educate them. In Computer Related Design, the figure is 100%, in Vehicle Design 98%, in fashion 98%, in Painting and Sculpture 92%.’ (see www.rca.ac.uk)

Vergleichbar heißt es im Goldsmiths College Postgraduate Prospectus Entry 2001, S. 129: ‘In the most recent Research Assessment Exercise (1996), we were one of the only two university departments in the UK to receive the top rating 5* - indicating national and international  excellence  - for research in Art and Design.’



[5]
Für die ‘traditionelle’ Düsseldorfer Akademie bedeutete dies, daß ein, wenn auch beschränktes, theoretisches Studium mit Diplomabschluß an das freie Kunst-Studium gebunden wurde. Zugleich wurde die Studienzeit, deren Länge vorher in der Verantwortung des Lehrers lag (15 oder mehr Semester waren nicht selten), formal auf 10 Semester beschränkt. Vielleicht ist deshalb das freie ‘undergraduate’ Kunststudium zu kurz geworden für die ‘Selbst-Findungs-Prozesse’.

Das formales Äquivalent deutscher Akademien für den ‘internationalen’ Postgraduate-Status, - ein ‘Meisterjahr’ bzw. einjähriges ‘Aufbaustudium’ – bietet hier keinen neuen inhaltlichen Aspekt, es ist lediglich eine Verlängerung der Studienzeit.



[6]
Siehe die anderen Texte Beiträge dieser Publikation: Davies/Ford, Andrea Fraser, Creischer/Siekmann



[7]
‘Sensation’ Katalog ‘Von Freeze bis House: 1988-1994’, S.19, Ostfildern, 1998.  Im weiteren heißt es:

‘Da sind zunächst die üblichen Faktoren: die Last der jüngsten Geschichte und der formende Einfluß der Ausbildung: soziale Bande; die komplexe Interaktion von Künstlern in einer etablierten Kunstszene und der Versuch, sich dieser Szene entweder anzuschließen oder sie durch eigene Werte und ein neues System zu ersetzen.’, S.19



[8]
Dieser ‘Club’ wird im Goldsmiths College Postgraduate Prospectus, Entry 2001, S.17 folgendermaßen beschrieben: ’When you finish your studies at Goldsmiths, you’ll have something in common with thousands of our alumni. Our graduates are to be found in the arts, the media, education, music, politics and business; they’re also making the news as the ‚Goldsmith School‘ of contemporary artists.’



[9]
Ist das Royal College am stärksten allein auf eine nationale Teilnahme am Programm ausgelegt, weist das Goldsmiths-College ein Verhältnis von 50:40:10 (Nation:EU:Übersee). In den Niederlanden gilt für die Jan van Eyck Akademie 50:40:10 und für die Rijksakademie 41:35:24 (1999). Die Rijksakademie arbeitet gegenüber dem Ministerium (von dem sie finanziell abhängt) seit Jahren darauf hin, den nationalen Anteil zu verringern. Mit Erfolg: die Quote der nationalen Teilnehmer wird in 1996 auf 50%. Auch hat im Jahr 2000 das Dutch Ministry of Foreign Affairs angefragt, ob mit einer überschüssigen Geldsumme ein Projekt entwickelt werden kann, das eine kulturelle Nord-Süd-Achse etabliert. Das Projekt RAIN (Rijksakademie International Network) wird im gleichen Jahr gegründet.



[10]
Es stellt sich die Frage wer sich  ohne Unterstützung (etwa der UNESCO) fast DM 40.000 Studiengebühr bezahlen kann. Doch das Geschäft mit den StudentInnen aus Übersee ist lukrativ, manche Colleges machen gezielt Werbung in Japan. (vergl.: „Séan Kimber and Simon Periton chat to Merlin Carpenter and Nils Norman about St. Martins and the changes that have recently occurred there. Tuesday 13th December 1994.„ s.o.) Im Falle des Royal College und Goldsmiths werden Studiengebühren von ÜberseestudentInnen an einer Stelle als Einnahmequelle verstanden, an anderer Stelle äußert man die Absicht Übersee-StudentInnen weitgehend zu vermeiden.



[11]
  So sind in die Manifesta 2 in Luxemburg noch einige in den Niederlanden ansässige Künstler ‘hineigerutscht’, weil die Mondrian Stichting ihre Förderung von einer Niederländischen Quote abhängig gemacht hat



[12]
aus: ‘Sounding Difference’. Ein Gespräch zwischen Sarat Maharaj und Anni Fletcher über den Umgang mit sozialer Differenz. Springerin Bd.6 Heft 1, S. 21

 


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