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Der Monte Verita ist eine Art Vorzeigeobjekt wenn es um die Lebensreformbewegungen geht. Hier hat man die Reformer, die Boheme, die Kapitalisten, die Modernen, die Esoteriker ... alle Spinner ganz praktisch unter einem Dach. Doch soll Monte Verita nicht zu einem Synonym für Lebensreform werden. Für die Lebensreformbewegungen war Monte Verita ein wichtiger Auslöser oder Verstärker von vielen, darüber hinaus aber sicher der wichtigste Netzknoten, Ort des Austausches und Kennenlernens. Trotz dieser wichtigen Funktion bildete Monte Verita keine spezifische Ideologie heraus (siehe A Mountain For Minorities), stellte keine "Herrschaftsansprüche" und hierarchisierte seinen Einfluss nicht. Hier trafen unterschiedlicher Ansätze aufeinander, es blieb ein offenes Experimentier- und Streitfeld. Man könnte dies auch auf ein Scheitern der ursprünglichen Pläne zurückführen oder hippieske Laxheit nennen. Die eigentliche Gründungsphase des Monteverita von der alle weiteren Impulse ausgingen war sehr kurz. Die Gründergruppe löste sich sehr schnell auf, Fundis wie Gusto Graeser schieden sofort wieder im Streit, selbst die Realos machten es nicht lange. Erst relativ spät, in der zweiten oder dritten Phase wurde der Berg der Wahrheit zu einem "Mekka" der europäischen Bohéme - hier beginnt die Liste fürs Namedropping. Monte Veriá als Künstlertreff hat seine Gründe -neben dem beständig warmen Wetter und der schönen Aussicht- im ersten und zweiten Weltkrieg wie auch im Scheitern der Räterevolutionen in Deutschland. Hier verschiedene Links Als Intro eignen sich:
Zeitzeugen immer am besten:
in English: Monte Sublime Exalted / A Mountain For Minorities Gusto Graeser | Karl Graeser | Otto Gross | Franziska Von Reventlow | Neue Gemeinschaft (Friedrichshagener Dichterkreis, die Brüder Heinrich und Julius Hart) | Krankheit ist ein Motor für Veränderungen. In den Biographien bedeutender Reformer oder Revolutionäre bildet sie oft das Kippmoment vom normalen angepassten Leben hin zu Wagnissen und Experimenten. Die Kur, fern allem höllischen Getriebe und den Übelständen der Städte, diente der Initiation. Recht Schreib Reform, freie Libe, vegetarische Ehen, Reformkleider, Sonnenkult, Nudismus theosophischer Okkultismus, tolstoianischer Pazifismus, Anarchismus. Begegnungen der "dritten Art", mit Landstreichern, Artisten, religiösen Wahnsinnigen. Die Siedlung wird besonders in den Fluchtbewegungen um 1900 zum utopischen Laboratorium für das meist dem Mittelstand entstammende Reform-Ich auf der Suche nach radikaler Gesundheit, suchtfreiem Dasein, privilegierter Erkenntnis. Erich Mühsam träumte hier von einer Kommune für Lumpenproletarier und wollte Ascona zu einer Zufluchtsstätte machen für "entlassene und entwichene Strafgefangene, für verfolgte Heimatlose, für all diejenigen die als Opfer der bestehenden Zustände gehetzt, gemartert, steuerlos treiben, und die doch die Sehnsucht noch nicht eingebüsst haben, unter Mitmenschen, die sie als Mitmenschen achten, menschenwürdig zu Leben." Die Vegetarier beschrieb er als "ethische Wegelagerer", was ihn nicht daran hinderte mit ihnen freundlich zu verkehren. LITERATUR:
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