Zeitgenossinnenschaft

Die Frage, ob und wie sich persönliche Befindlichkeiten (– die Realitäten von Körpern, Ökonomien, Beziehungen...) ebenso wie die Notwendigkeit zu gesellschaftskritischer Analyse und politischer Aktion mit der künstlerischen Praxis (– ästhetischen Prozessen) vereinbaren lassen, wird häufig als Konflikt erlebt. Dabei geht es doch um diese Auseinandersetzung: wie das eine im anderen vorkommt, welche Mittel uns zur Verfügung stehen, was von der Theorie auf die Straße und was von der Straße ins Buch (Bild) wandert – aber auch, wie sich die Kriterien und Strategien jeweils unterscheiden. Dabei entstehen Brüche, Ambivalenzen, Enttäuschungen genauso wie überraschende Synergien, neue Formen und Fiktionen.

Jede/r sollte sich einen (literarischen) Text, einen Film oder eine Künstler/in aussuchen und diese im Laufe des Semesters vorstellen, nicht nur in Hinblick auf Biographie oder Inhalt, sondern die Art und Weise, wie Zeitgenossinnenschaft funktioniert.

Wir könnten fragen: Wie über die Zeit sprechen/arbeiten, in der ich lebe? Wie liest sich die von anderen erzählte 'Geschichte'? Was betrifft mich daran? Was lässt sich überhaupt aufzeichnen, mitschneiden und einsammeln? Und mit welchen Mitteln? Werden eigene Beobachtungen und Recherchematerial eher dokumentarisch/essayistisch montiert oder in den eigenen (künstlerischen) Kosmos übersetzt? "Das Persönliche ist politisch" – wie hat sich dieser Slogan im Laufe der Zeit verändert, was bedeutet er heute?

Unter dem Aspekt, dass wir Motivation und Sinn in die künstlerische Tätigkeit zurückholen wollen, ist die Frage nach der Realität in der Zeit (oder der zukünftigen Realität in der zukünftigen Zeit) sekundär. Wichtiger wäre es, ein Interesse zu formulieren, dh ein Anliegen, dh die Notwendigkeit, ein Verhältnis herzustellen zu einer Realität. Dies ist zwar ein subjektives Verhältnis, aber als Kunst (und in deren Rahmen) ist es eben auch objektivierbar.


GENOSSINNEN-ABC

'-AUTONOMIE

ALBERNHEIT

BERG

BIO-MORAL

BÜHNE?

DAMPFBAD

DEPRESSION

DIGITALITÄT

DISPLAY

DISZIPLIN

EXPLOSION

FREUNDSCHAFT

GEFÜGE

GESPRÄCH

HUMOR

KOMÖDIE

KONROLLE

KREATION

LAGER

PASSIVITÄT

PEINLICHKEIT

REALITY THROUGH FICTION

SPECTATOR

SPIEL

WIEDERHOLUNG

WIRKLICHKEITSAGENTUR

WUNSCH

ZEITGENOSSINNENSCHAFT-'

reisen

anfangen

trödeln

fließen

gehen

treiben

verkomplizieren

nicht wollen

Komplizen finden

sabotieren

singen

kritisieren

umdenken

verspätet denken

vorausschauend denken

erfinden

ernst nehmen

nicht ernst nehmen

nicht beurteilen

loslassen

wissen was

schillern

unterscheiden

umschalten

reparieren

realisieren

queer sein

quaken

sich widersprechen

herumalbern

zuviel versprechen

sich blamieren

dilettieren

hochstapeln

anmassen

aneignen

aufschneiden

herumeiern

suchen

über sich hinweg springen

bluffen

sich vervielfachen

schauen, wie of man sich überspringen kann


  • börnsen: mikropolitik, repräsentationskritik, macht. rebentisch, foucault, deleuze.
  • Heinik : Kim Gordon / Sonic Youth. Michelle Bernstein, All the Kings Horses. Guy Debord.
  • Rupp: Sibylle Berg, Theaterstücke, Kolumne, Roman (s.u.)
  • Hofmeier: Keun, nach Mitternacht, SD: das kunstseidene Mädchen
  • Klingler: Kathrin Busch, Passivität
  • Fedisch: Arno Grün
  • Sangmongkhon: edschmidt: phillip s.
  • Gonschorek/Meunier: Chris Kraus, Torpor
  • Sajnovits: Byun Chul Han, Im Schwarm. Ansichten des Digitalen
  • Filmprojekt: La Vie des Amis

NOTES

Anna Börnsen: rebentisch, foucault, deleuze. die intellektuellen und die macht.

  • kritik der repräsentation. mikropolitik am ort an dem man sich befindet. Revolution versus Reform (Reform= "heuchlerisch " u. systemstabilisierend). Sprache ist Handlung ist Macht. Craig Owens: "the indignity of speaking for others".(Repräsentieren heißt unterwerfen) moderne: macht=besitz der produktionsmittel. postmoderne: macht über die repräsentationsmittel. Kunst heute enthält sich der Suche nach dem wahren Bild (Owens/Rebentisch). Repräsentationen bilden die Wirklichkeit nicht nur ab, sondern sind selbst machtvoller Bestandteil der sozialen Wirklichkeit. In künstlerischen Operationen geht es nach Rebentisch darum, den referentiellen Schluß von der Repräsentation auf das Repräsentierte gezielt zu unterlaufen. Bewußtsein dafür, daß Repräsentationen variabel sind, im Wandel, im Werden.
  • distanz durch ironisierung, aufgreifen abgegriffener formate, teilweise auch entleering aktueller formate, zb "fake romam", oder andere produktions verhältnisse, appropriation bisher monopolisierter produktionsmittel
  • beziehungen, Paarbildungen (gordon-moore, bernstein-debord, kraus-lothringer) als Motor einer szene um die herum sich andere gruppieren, offene beziehungsverhältnisse. subjektive erzählweise unter dem deckmatel von beziehungen hervor. wie wird die eigene rolle gesehen, beschrieben?
  • wahlverwandschaften
  • subjektivität, reflexion, ironie. das räderwerk in dem alle bedeutung zermahlen wird.
  • zeitgenossinnenschaft abgrenzen von lifestyle und zeitgeit!
  • Tod des Autors: Absicht des Autors ist unerheblich! Texte können durchaus Bedeutungen entwickeln können, die der Absicht des Autors widersprechen
  • Postdramatisches Theater: Präsentation ("Performer") statt Repräsentation ("Actors"), Zersetzung des Dialogs, Tendenz zum Monolog und Chor, "Text von Frau Berg für eine Person und mehrere Stimmen. Oder anders." (Untertitel UND JETZT: DIE WELT!), Beeinflussing durch Happening + Performance, "Gerne viel Musik" (Regieanweisung)
  • Generationenbegriff: Generation y (why?), hyperreflektiert und haltungslos
  • gibt es ein "draussen"? wird es "drinnen" konstruiert, dekonstruiert, reflektiert? oder ist de unterscheidung drinnen/draussen egal weil das zur realität zusammengebacken ist? "Eines Tages - und so beginnen nicht die Märchen, so beginnen eher die Sachen, die man sich erhofft, trotzdem war das hier ein Märchen - wachte Frau Vogelnest vor ihrem Haus auf, und sie war größer als das. Und so erging es auch Herrn Vollfenster. Er dachte eben noch, er läge im Bett, aber da lag er nun, auf der Straße, draußen. Wie eine elende Seele, könnte man denken. Aber man muss es nur ernst nehmen. Was wäre, wenn die Seele jetzt plötzlich eben draußen war und nicht mehr drinnen? Aber nicht so, wie die Griechen denken, dass der Nacken aus dem Gelenk bricht und die Seele entflieht wie ein Vogel zu den Schatten. Nein! Was wäre, zu unseren Lebzeiten die Seele draußen wäre?"

Iris Rupp: Sibylle Berg


 FILME

Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt? 1932

Der Film ist unter massivem Zeitdruck und politischer Repression entstanden. Er ist eine Mischung aus Spiel-, Dokumentar- und Propagandafilm, angereichert mit Elementen eines Musikfilms, im Stil des Proletarischen Films. Bertolt Brecht = Drehbuchautor, Slátan Dudow = Regisseur. Während der Dreharbeiten fehlte es an Geld. Die Produktionsgesellschaft ging kurz vor Beendigung der Dreharbeiten in den Konkurs. Ersatz fand man in der Zürcher Gesellschaft Praesens-Film. Bei den Filmaufnahmen wurden die Beteiligten von Mitgliedern der KPD vor Störungen der Dreharbeiten durch die nationalsozialistische SA beschützt.

Uraufführung 14. Mai 1932 in Moskau, deutsche Erstaufführung war am 30. Mai 1932 in Berlin. Der Film wurde mehrfach zensiert. Am 26. März 1933 wurde der Film verboten. Nach der Uraufführung wurde der Film auch in Moskau nicht mehr gezeigt – gemessen an sowjetischen Verhältnissen ging es den Arbeitern im Kapitalismus, die im Film z. B. Motorräder hatten, „zu gut“. Entscheidend die von Brecht inszenierte Schlussszene: Einer der Arbeiter bemerkt, dass die Wohlhabenden die Welt sowieso nicht verändern werden, worauf einer der Wohlhabenden fragend erwidert, wer denn stattdessen die Welt verändern könne. Gerda antwortet: „Die, denen sie nicht gefällt.“


Walther Ruttmann : Berlin Sinfonie der Grosstadt 1927

Der dokumentarische Film beschreibt einen Tag in der Großstadt Berlin, die in den 1920er Jahren einen industriellen Aufschwung erlebte, und gibt auch heute noch einen Einblick in die Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu dieser Zeit.

Ruttmann konzipierte seinen Film als dokumentarisches Kunstwerk, das die Großstadt Berlin als lebenden Organismus darstellen soll. Im langsamen Erwachen der Stadt, in der Hektik des Tages und im langsameren Ausklingen am Abend sah er eine Analogie zu einer Sinfonie und unterstrich dies im Filmschnitt. Als einer der ersten sinfonischen Filme nutzte "Berlin – Die Sinfonie der Großstadt" die Ende der 1920er Jahre entwickelte technische Möglichkeit, Filme exakt zu schneiden und wieder zu kleben. Auf diese Weise konnte auf die Möglichkeiten einer abwechslungsreichen Filmmusik mit filmischen Mitteln reagiert werden – und umgekehrt.


Dsiga Wertow (Vertov) : Der Mann mit der Kamera 1929

In dieser Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs waren sich die russischen Filmemacher ihrer Bilder schaffenden Kraft bewusst. Sie nutzten das Medium Film, um die sozialistische Gesellschaftskonstruktion in Szene zu setzen und erachteten dies gar als eigentliche Intention von Film und Kino. Unter anderem Dsiga Wertows Schriften zum Film zeugen durchweg von dieser Intention einer sozialistischen Funktionalität des Kinos.


Edgar Ulmer - Billie Wilder - Robert Siodmak : Menschen am Sonntag 1929/30

Menschen am Sonntag ist ein Stummfilm von Robert Siodmak, Edgar G. Ulmer und Billy Wilder. Er wurde von Moriz Seelers Produktionsfirma „Filmstudio 1929“ produziert[2] und entstand in den Jahren 1929 und 1930 in Berlin und Umgebung. Die Uraufführung war am 4. Februar 1930.[3] Er zählt zu den späten Vertretern der Neuen Sachlichkeit im Film.

Der Film schildert das Leben junger Menschen in der Metropole Berlin Ende der 1920er Jahre. Vier der fünf Hauptdarsteller standen das erste Mal vor der Kamera. Seine Entstehungsgeschichte macht den Film zu einem der ersten Independentfilme und zu einem Vorläufer des Neorealismus der Nachkriegszeit. Menschen am Sonntag ist außerdem sehenswert aufgrund seiner dokumentarischen Filmaufnahmen der noch unzerstörten Hauptstadt in sommerlicher Wochenendstimmung.

Der spätere Oscarpreisträger Billy Wilder verfasste das Drehbuch mit Robert Siodmak nach einer Idee von Roberts Bruder Curt Siodmak. Die Brüder Siodmak setzten ihre Karriere ebenfalls in den USA fort. Edgar G. Ulmer sollte in Hollywood vor allem B-Filme drehen. Kurze Auftritte haben der Regisseur Kurt Gerron und die Tänzerin Valeska Gert (in der Fotografen-Szene).


Alexander Hammid born Alexandr Hackenschmied : Bezúčelná procházka (Spaziergang ins Blaue - Aimless Walk) 1930

Hackenschmied (17 December 1907, Linz – 26 July 2004, New York City) was a leading photographer, film director, cinematographer and editor in Czechoslovakia between the two world wars. He immigrated to the U.S. in 1938 and became involved in American avant-garde cinema. His first film Bezúčelná procházka (Spaziergang ins Blaue - Aimless Walk) 1930 inaugurated the movement of avant-garde film in Czechoslovakia. The film belongs to the experimental documentary genre. It has been placed alongside city symphony films such as Dziga Vertov's Man With A Movie Camera and Paul Strand's Manhatta, and stands in the European cinema's avant garde tradition.


Pier Paolo Pasolini : Gastmahl der Liebe (Comizi d'amore) 1964.

Von März bis November 1963 reiste Pasolini quer durch Italien, vom industrialisierten Norden bis zum archaischen Süden, um die Menschen an ihrem Arbeitsplatz oder in der Freizeit über die Liebe und ihre sexuellen Vorlieben zu befragen. Er stellte die Fragen absichtlich naiv: Die Kinder fragte er, wie Kinder auf die Welt kommen, die Jugendlichen ob es in Italien sexuelle Freiheit gäbe und die reifen Männer, was sie über Homosexualität denken. Aber gerade der Naivität der Fragen entspringt oft eine ernsthafte Auseinandersetzung, das Wunder des Kommunizierens. Abschnittweise taucht das Italien auf, für das Pasolini eine innige Liebe verspürt, aber auch die Abgründe des Vorurteils und der Unwissenheit, die tausend Widersprüche, die das Land ersticken und es manchmal menschenunwürdig machen. Die Reise führt zu den Stränden am Meer, zu Mailänder Fabriken, zu Tanzlokalen, zum verschwiegenen Sizilien der Mafia wie auch in die wohlhabende und konformistische Emilia-Romagna. Ergänzt wird das Thema durch Gespräche mit Vertretern des kulturellen Lebens, die Pasolini manchmal mit denselben Fragen bedrängte, die er den Interviewten gestellt hat: Die Normalität der Homosexualität oder die sexuelle Freiheit und der Skandal (Moravia: "Der Skandal ist im Grunde die Angst, die eigene Persönlichkeit zu verlieren. Ein Mensch, der sich empört, ist ein zutiefst unsicherer Mensch.").


Sharon Hayes "Ricerche: Three", 2013, 40 mins

‘Ricerche: three’ uses Pier Paolo Pasolini’s brilliant film, ‘Comizi d’Amore’, the 1963 cinema verite work, as the guidepost for a contemporary inquiry into the “sexual problem” in the United States in 2013. While the political climate in post-war Italy in 1963 was deeply distinct from that of the United States in 2013, both were sites in which a persistent political condition in which so-called value-based policy and ideology act out symptomatically to cover up underlying economic and political vulnerabilities.


Cleo – Mittwoch zwischen 5 und 7

Agnès Varda’s 1961 Cléo from 5 to 7—an account of an hour and a half in the life of a normally carefree young woman who is gravely awaiting a medical diagnosis—is one of them, but it dispenses with the single-camera-take concept that Hitchcock cleverly faked (and that Sokurov would heroically maintain); it is as jazzily photographed and busily edited as any more conventional narrative film. Rather, Varda seizes the kind of immediacy and tension associated, at the start of the sixties, with the cinema verité documentary movement and uses it to create a new form of fiction. Unlike traditional story films, which skip everywhere in both time and space, Varda gives us a gauntlet: every second piling up, every step traced out. And she picked the best possible site for this gauntlet walk: the Left Bank of Paris is preserved for us in all its early sixties vibrancy and diversity. Indeed, Varda once described the film as “the portrait of a woman painted onto a documentary about Paris.”


Attach: MONTAG2.mp4 Δ