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TIMES MAGER

Profit-Profi

VON JENNI ZYLKA

Nichts Neues ist, dass der Trend seit einiger Zeit weg vom Geld und hin zum leeren Portemonnaie geht. Das hat verschiedene Gründe, die jeder selbst am besten kennt. Und weil Künstler aus allem Kunst machen können, wollen oder müssen, hat so einer im schnuckeligen kleinen Glaspavillon neben der Berliner Volksbühne eine Kunst-Marketing-Kreativmodell-Installation gestartet: "Unternehmen Zukunft - Leben ohne Geld" leuchtet in Weiß auf einem orangefarbenen Schild aus einer Ein-Mann-Zelle mit Fenstern, die mitten im Pavillon steht. Ein Häuschen im Häuschen.

Zur Eröffnung sitzt kunstinteressiertes oder pleites (oder beides) Volk um das Häuschen herum, trinkt Bier und wartet darauf, dass der Künstler Peter Kees sein Praktisches Überlebenstraining startet. Die Marketing-Strategie, die gleichzeitig ein kreativer Wurf ist, geht so: Man meldet sich per Angebotserstellungs-Vordruck beim Überlebens-Künstler an und schreibt dazu, was man gerne ohne Geld erleben möchte. In Richtung Theaterbesuch, Essen gehen, Kino ginge seine Idee, erklärt der um der besseren Klassifizierung Willen schwarz gekleidete und mit einer echten dunkelumrandeten Künstlerbrille ausgestattete Künstler. Zehn Euro Bearbeitungsgebühr nimmt er, und dafür will er einen Plan ausklamüsern, nach dem der Antragsteller lernen kann, sein gewünschtes Gut oder die erwünschte Leistung für lau zu bekommen.

Zum Beispiel Essen gehen, erklärt Kees. Dann würde ich mit dem Klienten ein Restaurant aufsuchen, und zum Wirt sagen: Hallo, wir leben ohne Geld. Gibt es eine Möglichkeit, trotzdem ein Essen bei Ihnen zu bekommen? Dann sagt der natürlich erst mal nein. Und dann muss man sich etwas überlegen, sich eine gute Geschichte ausdenken, oder ganz klassisch seine Arbeitskraft anbieten.

Also um Überredungskunst geht es hier vor allem. Kees, der im Rahmen seiner Ich-AG-Installation vor ein paar Jahren eine Rechnung an den DB-Chef Hartmut Mehdorn "für ungewollten Lebenszeitverlust durch Warten und Verspätungen beim Reisen mit der Deutschen Bahn" gestellt hat, erklärt sein Überlebenstraining den Gästen im Pavillon wie ein freundlicher Kredithai. Als er zu der Stelle mit den Zehn Euro kommt, kichern alle. Die Strategie, die der Künstler sich ausdenkt, ist natürlich ebenfalls nicht umsonst: Kees macht ein Angebot, was der Knete-Tipp kosten soll. Allerdings bekommt man dieses Geld zurück, falls man mit der Strategie nicht gut fährt. Die Bearbeitungsgebühr ist und bleibt natürlich weg. Das ist bei echten, ganz unkünstlerischen Halsabschneidern schließlich ebenso. Während der Ausstellung gibt es jeden Abend um 18.30 Uhr eine Tagesbilanz mit Erfolgs- und Misserfolgsberichten der Aktion. Und falls der Künstler der Einzige bleiben sollte, der von seiner Idee profitiert, dann ist sie schon pures Gold wert.

Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004 Erscheinungsdatum 17.05.2004

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