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Comparative Studies









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East End NYC & Berlin Mitte

Über Kunst- und Stadträume

VON THOMAS MEDICUS

Die Kunst-Werke (KW) Berlin, avantgardistische location in der Auguststraße, dem Zentrum der hauptstädtischen Galerienszene, geben sich dieses Mal selbstreflexiv. Jetzt und zehn Jahre davor lautet der Titel einer Ausstellung über die "Verhältnisse von Kulturproduktion und Stadtentwicklung". Das New Yorker East Village in den frühen Achtzigern und Berlin-Mitte zehn Jahre später sollen exemplarisch die durch Kunstproduktion und Kunsthandel aufgewerteten Großstadtviertel repräsentieren. Gentrification lautet demnach das Thema, ein in der internationalen urbanistischen Diskussion gut dokumentierter Vorgang.

Handfeste Informationen jedoch findet der Besucher nirgendwo, von Stadtentwicklung, die sich in Plänen, Karten, Diagrammen, Statistiken, Modellen niederschlüge, keine Spur. Und auch bei der angekündigten "politischen Bedeutung dieser stadträumlichen Veränderungen und ihre diskursive Dimension im Verhältnis von Kunstproduktion und Stadtentwicklung" bleibt die Ausstellung eher diffus. Jetzt und zehn Jahre davor reflektiert den Prozess der gentrification in ausschließlich künstlerischen Arbeiten.

Die meisten der als Einzelstücke nicht uninteressanten Arbeiten vermögen es aber nicht, den Kontext von Kunstschaffen und Stadtentwicklung zu vermitteln. Auswahl und Arrangement erscheinen häufig zufällig, disparat, willkürlich. All das, das Zufällige, Disparate, Willkürliche ist selbstverständlich gewollt, als Besucher soll man sich seinen Reim selber machen, das aber gelingt eher selten. So wissen nur Eingeweihte, dass es sich bei K 77 um ein Haus in der Berliner Kastanienallee 77 handelt, das 1992 von Kunststudenten besetzt wurde.

Ein bunt bemalter Türflügel aus einer der Wohnungen des Projektes K 77 hilft da auch nicht weiter. Eine filmische Dokumentation über das bald mythisch verklärte besetzte Haus in der Mainzer Straße, das 1990 von 4000 Polizisten geräumt wurde, macht immerhin deutlich, worum es gehen mag: die Freiräume, derer sich im East Village wie in Berlin Mitte im Schlepptau der Künstler alsbald clevere Grundstücksspekulanten bemächtigten, keinesfalls preiszugeben.

Auch die Ausstellungsmacher wissen um die politische Romantik dieser Haltung. Nichtsdestoweniger verbreiten sie darüber viel Unfug. "Der Faschismus", liest man beispielsweise, sei nicht "mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausgestorben, sondern (bleibe) das kollektive Unbewusste der Gegenwart." Wohl deshalb "ist diese Strömung latent in der Vermassung des Nachkriegslebens vorhanden, dessen visuelle Kultur immer spektakulärer wird".

Aber es gibt auch Lichtblicke. Die im ersten Stockwerk um eine Fotografie von Wolfgang Tilmanns arrangierten Stahlskulpturen, spontane künstlerische Zeichen aus den Zeiten der Wende, formieren eine gelungene Erinnerungsskulptur. Im Kellergewölbe halten der audio-visuelle Essay Spaces of Conflict in drei parallelen Videoprojektionen sowie zwei Audiosystemen das Versprechen des Ausstellungstitels ein. Porträts von sechs Kunstmuseen in sechs Ländern informieren über den Zusammenhang von Kunst- und Stadträumen. All das geschieht in unkonventionellen Bildern und ohne die heißen Sehnsüchte nach längst vergangenen kulturellen Ausnahmezuständen.

Kunst-Werke Berlin. Auguststraße 69. Bis 9. 1. 2005. Katalog 19 Euro.

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