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Rainer Werner Fassbinder: Anarchie in Bayern

ANARCHIE IN BAYERN

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Anarchie in Bayern ist von der Story her ein naives Science fiction. Junge Leute machen in Bayern Revolution und erklären Bayern zur SAB, zur Sozialistischen Anarchie Bayern. Nachdem das Land eine Weile Anarchie war, wird das militärisch nicht geschützte Gebiet okkupiert.

Anarchie in Bayern richtet sich gegen eine Revolution >>auf die Schnelle<<, plädiert für einen >>langen Marsch, eine Revolution im Bewusstsein der Revolutionäre zuerst und der Bürger.

Anhand verschiedener revueartig montierter Szenen soll gezeigt werden, dass äußerliche Veränderungen nicht ausreichen, um im abendländischen, auf Unterdrückung und Autorität fixierten Bewusstsein etwas Wesentliches zu bewirken.

Theaterzettel des antiteaters
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Die Rollen

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Die Familie Normalzeit:
PHÖNIX NORMALZEIT
EHE/AUTO
KINDERMÖRDER
ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH
ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH

Die Revolutionäre:
GROSSER VORSITZENDER
NEUE BÜROKRATIE
NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Gangster
NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH
THEATER MÄNNLICH
THEATER WEIBLICH


MUTTER ALLER HUREN
ZWEl HUREN
DEUTSCHER KANZLER, Stimme
SPRECHER
ZWEl GANGSTER/ZWEl SOLDATEN

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1.
Phönix Normalzeit

Unter Musik wird Phönix Normalzeit von Gangster G und Gangster R auf die Bühne geschleppt. Gangster R halt sie fest, wahrend Gangster G das verschiebbare Sofa heranzieht. Phönix wird über das Sofa gelegt. Musik stop. Ruhe.

GANGSTER R Phönix Normalzeit, wir sind der Traum deiner >>Schlaflosen Nächte..

Musik. Phönix wird auf das Sofa geschmissen. Wahrend Gangster R auf ihrem Oberkörper kniet, holt Gangster G mit seiner Peitsche aus. Musik stop. Ruhe.

GANGSTER G Du träumst von unserer phantastischen Sexualkraft! Wir rammeln wie die Stiere!

Musik. Phönix wird gezüchtigt. Sie räkelt sich abwehrend und wohlig. Musik stop. Ruhe.

Langgezogener Wollust- und Schmerzensschrei von Phönix.

Musik. Phönix wird auf den Boden gestellt. Gangster R halt ihre Arme fest. Gangster G geht mit brennender Zigarette auf Phönix zu. Musik stop.

PHÖNIX Warum tut ihr mir das an?

GANGSTER R U. G Weil du uns brauchst, Phönix Normalzeit.

Musik. Phönix wird wie ein nasses Handruch ausgewrungen. Musik stop.

PHÖNIX Die Rache ist mein!

GANGSTER G Schweig, wenn du nicht gefragt wirst.

Musik. Phönix wird auf das Sofa gestoßen und gepeitscht. Langgezogener Sirenenton. Musik stop. Sirenenton allein. Sirene stop. Die Gangster nehmen Hute ab, ziehen die Strümpfe vom Gesicht. Setzen Soldatenmützen auf. Nehmen ihre MGs, legen sich an die Rampe. Während der nächsten Szene baut Phönix das Wohnzimmer Normalzeit auf.

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2.
Das Gespräch an der Grenze

SOLDAT G Scho lang koan mehr obgschossn!

SOLDAT R Naa!

SOLDAT G Host den oan gseng? Wie daß der gflong is? Tscheng. Wia im Fuim.

SOLDAT R Schee.

SOLDAT G De andern san langsama storm. Dabei ham ma mir guat gschossn!

SOLDAT R Und wias plärrt ham.

SOLDAT G I ko nixn dafür.

SOLDAT R Naa.

SOLDAT G Aba scho wirkli net.

SOLDAT R I hob ja nix gsogt.

SOLDAT G Wann se se beweng, na kon is net treffa, daß glei umfoin.

SOLDAT R Genau. Pause. Du?

SOLDAT G Moanst mi?

SOLDAT R Is ja sunst koana do!

SOLDAT G Oiso?

SOLDAT R Jetzt woaß is nimma! Pause. Du? Woaßt du, gega wen daß mir da san?

SOLDAT G Naa. Rote werns hoit sei.

SOLDAT R So?

SOLDAT G Oda neet?

SOLDAT R Jaja, scho. Aba...

SOLDAT G Wos?

SOLDAT R Dee, auf dee mir gschossn ham, dee ham de gleiche Uniform ghabt wia mir.

SOLDAT G Des is a Trick von die Rodn. Aba unsa Regierung foit net drauf rei. Oda?

SOLDAT R Naa.

SOLDAT G I hab an Befehl kriagt, daß i auf ois schiass, wo si bewegt.

Pause.

SOLDAT R Wenn aba des, wos si bewegt, oana von unserne is.

SOLDAT G Na had er Pech ghabt.

Pause.

SOLDAT R Wenn aba mir uns beweng. Und oana von die unsern knoit uns ab?

SOLDAT G Des war aba scho wirkli zbläd.

SOLDAT R Wenn aba?

SOLDAT G Na hoit di hoid staad.

Pause.

SOLDAT R S'geht nimma.

SOLDAT G Was?

SOLDAT R S'staad hoitn.

SOLDAT G Wiaso?

SOLDAT R I muss amoi.

SOLDAT G Groß oda kloa?

SOLDAT R Kloa.

SOLDAT G Na geh scho. I gib da an Feuerschutz.

SOLDAT R Moanst?

SOLDAT G Meiomei. Muaßt oda muaßt net?

SOLDAT R Ja scho, aba...

SOLDAT G Wannst muaßt, na muaßt. I tua di scho verteidigen.

SOLDAT R Oiso.

SOLDAT G Geh hoit.

SOLDAT R Oiso, jetzt geh i.

SOLDAT G Gehst jetzt oda gehst net?

SOLDAT R I geh. Guat. Wennst moanst. Na geh I hoit. Oiso, jetzt geh i. Er geht hinter die Saule. Von dort. Jetzt kumm i zruck.

SOLDAT G Ja!

SOLDAT R Schie8t koana?

SOLDAT G Na. Nixn.

SOLDAT R Guat, na kumm i jetzt. Er kommt zurück.

SOLDAT G Des war scho a Witz, wennst obknoit werst, bloß weilst soacha gehst.

SOLDAT R Ja.

SOLDAT G A so a Witz.

SOLDAT R Genau.

SOLDAT G Ehrlich, so an Witz hob i no nia ghört.

Beide lachen ungemein.


Die ganze Familie Normalzeit kommt zu Phönix auf die Bühne. Es setzen sich um den Tisch: Phönix, Ehe/Auto, Kindermarder, Alte Romantische Liebe MÄNNLICH und weiblich.

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3.
Die Revolution im Lautsprecher

SPRECHER Im Freistaat Bayern haben heute revolutionäre Kräfte versucht, einen Umsturz herbeizuführen und einen Teil unseres freiheitlichen Rechtsstaates unter ihre Gewalt zu bringen. Zur Stunde ist der Stand der Dinge nicht überblickbar. Es sollen schwere Kämpfe im Bayerischen Wald, Berchtesgaden und im Allgäu im Gange sein. Durch einen dreckigen Trick, indem die Wehrmachtsführung unterwandert worden ist, wurde unsere Deutsche Bundeswehr in die Lage versetzt, gegen sich selbst zu kämpfen. Es wird vermutet, daß unsere hervorragend ausgebildeten Truppen sich gegenseitig nahezu ausgerottet haben. In den Städten herrscht Ruhe, die aber von trügerischer Natur sein kann. Zur Stunde ist noch ungeklärt, inwieweit die Vereinigten Staaten von Amerika bereit sind, uns in unserem aufopfernden Kampf gegen die sicherlich roten Revolutionäre zu unterstützen. Wir rufen die Bevölkerung zum Selbstschutz auf, richten Sie gegen jedes als rot erkennbare Individuum die Waffe des aufrechten Mannes. Kämpfen Sie für unsere amerikanische Freiheit, kein Tod eines roten Individuums wird Mord sein, im Gegenteil, der Dank der Deutschen Bundesrepublik wird Ihnen sicher sein. Soeben erhalte ich die erschütternde Nachricht, daß die Kämpfe allerorten beendet sind. Ein Teil der Deutschen Bundesrepublik, der Freistaat Bayern, befindet sich in den Händen des roten Mobs. Geräusch einer sich öffnenden Tür. Hilfe, hilfe, eben betreten zwei Revolutionäre meine Sendekabine.

1. STIMME Warum schrein Sie'n >>Hilfe? Tut Ihnen ja keiner was.

2. STIMME Sie sollen nur mit Ihrer wunderschönen Stimme diesen Text da verlesen.

SPRECHER Das da?

2. STIMME Genau. Ist doch nicht zu viel verlangt, oder?

SPRECHER Nein. Nein. Meine Damen und Herren, verzeihen Sie bitte diesen etwas geräuschvollen Zwischenfall. Ich spreche jetzt wieder als verlängerter Arm der Regierung. Das Gebiet des Freistaates Bayern wurde aus den Händen des Imperialismus gerissen. Die freiheitlichen Kräfte, die sich entschlossen haben, gegen westliche und östliche Unterdrückung zur Waffe zu greifen, haben sich ein Forum erkämpft, auf dem sie beweisen wollen, was Freiheit wirklich ist. Der Name des neuen Staates ist >>Sozialistische Anarchie Bayern. Kurz SAB genannt. Helfen Sie uns bitte, auf diesem Fleckchen Erde die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen abzuschaffen.

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4.
Revolutionsgespräch der Familie Normalzeit


EHE/AUTO So. Jetzt hams Revolution gemacht.

KINDERMÖRDER A Anarchie in Bayern.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Was is na des, a Anarchie?

KINDERMÖRDER A Anarchie? Des is, wenn ois, wenn ois...

EHE/AUTO Wenn alles anders is!

KINDERMÖRDER A naa. Net anders, durchnand.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Was für ein Durcheinand denn?

KINDERMÖRDER Nix is mehr recht.

EHE/AUTO Gar nix!

PHÖNIX Keine Ordnung gibts mehr.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Koa Ordnung? Naa!

KINDERMÖRDER Na. Gar koa Ordnung nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Das geht ja gar nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Weil das nicht geht.

PHÖNIX Ein Recht muß sein.

EHE/AUTO Genau.


Pause.


KINDERMÖRDER Die können doch nicht einfach machen, was wolln.

EHE/AUTO Hasts ja ghört im Radio, was gesagt ham.

KINDERMÖRDER Aber wenn keine Ordnung mehr is, dann... dann gibt doch kein Leben nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ein jeder kann machen mit dir, was er will.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Erschießen und so.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ogottogott.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Genau.

PHÖNIX Man kann nicht mehr auf die Straße gehen.

EHE/AUTO Und einkaufen? Wie soll ich dann einkaufen.

KINDERMÖRDER Woaß i?

EHE/AUTO Sag was. Sag was.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Verhungern! Wir müssen verhungern.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Kein Recht mehr, nix.

KINDERMÖRDER In die Straften is ruhig, hat er gsagt.

EHE/AUTO Trügerisch, hat er gsagt. Und unserne Freiheit hams uns weggnommen.

ALLE mit großer theatralischer Sehnsucht Freiheit!

PHÖNIX Ohne Freiheit ist ein Leben nichts wert.

KINDERMÖRDER Keinen Pfifferling nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich bring mich um.

PHÖNIX Ich auch.

EHE/AUTO Wo keine Freiheit is, will ich nicht leben. Pause. Vatter?!

KINDERMÖRDER Ja.

EHE/AUTO Meinst, man kann nichts machen?

KINDERMÖRDER Nix.

EHE/AUTO Gar nix?

KINDERMÖRDER Naa.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Unds ganze Leben? S'Auto, da Fernseh, d'Waschmaschin, und alles...

KINDERMÖRDER Alles weg.


Alle durcheinander.


EHE/AUTO Nein, das überleb ich nicht.

PHÖNIX Alles ist sinnlos.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Dann hats ganze Leben keinen Sinn.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Gearbeitet hab i dafür.

EHE/AUTO Aus, aus, sag ich.


Wieder einzeln.


ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und wofür ham wir gearbeitet, die ganzen Jahre?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Und gspart.

EHE/AUTO Und gschuftet?

PHÖNIX Und nie eine Freude ghabt.

EHE/AUTO Weil alles die Zukunft hätt bringen sollen!

KINDERMÖRDER Ois umasunst.


Pause.


PHÖNIX Vielleicht hilft uns die Regierung.

KINDERMÖRDER Welche?

PHÖNIX In Bonn.

EHE/AUTO Vielleicht lassen sie uns nicht im Stich.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Die brauchen uns doch. Wir sind doch auch Menschen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Genau.

PHÖNIX Ach ja! Sie werden uns zurückerobern.

EHE/AUTO Dann wird alles wieder schon.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Alles, wies früher war.

KINDERMÖRDER Ach, früher, ja, ja. Das war schön.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Morgens geh ich in die Arbeit um sieben.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Schan.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Um zehn is Brotzeit. Um zwölf Mittag. Um fünf bin ich fertig. Dann komm ich heim.

EHE/AUTO Ach, ja.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Dann gibt’s Abendmahl.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Und Fernsehn.

PHÖNIX Dann gehn wir schlafen.

EHE/AUTO Und alles hat seine Ordnung.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und am Freitag gibts Geld.

PHÖNIX Unds gibt immer einen, der dir sagt, wie du was machen mußt.

EHE/AUTO Schon.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wir können uns wieder ein neues Auto kaufen.

PHÖNIX Und alles andere.

KINDERMÖRDER Unds Essen wird gut schmecken, wenn man gearbeitet hat dafür.

EHE/AUTO Arbeit!

Pause.

KINDERMÖRDER Anarchie! Und agrad bei uns in Bayern.

EHE/AUTO Ja. Genau bei uns.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Womit ham wir das verdient.

PHÖNIX Vergewaltigungen wirds geben! Schrei.

EHE/AUTO Armes Kind.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Freiwild ist man.

PHÖNIX Zwanzig, fünfzig Männer kommen auf mich zu. Sie reißen mir die Kleider vom Leib. Ich bin nackt. Nackt auf der Straße. Hilfe, sie halten mich fest und schlagen mich, ogottogott, lauter große starke Männer, ich kann mich nicht wehren, sie drucken mich, Hilfe, ich sterbe, sie, sie, ach Gott, sie dringen in mich ein, aua, Hilfe, dieser Schmerz, ach, dieser Schmerz, Mama, Mama.

EHE/AUTO Kindchen, Kind. Beruhige dich, bitte.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Mein Auto. Sie schmeißen mein Auto um. Mein schönes neues Auto. Die Rüder stehen in die Luft und drehen sich. Sie zünden mein Auto an. Mein Auto brennt. Hilfe, helft doch meinem Auto. Es wird nie mehr fahren können. Warum nehmt ihr denn gerade mein Auto.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Hilfe. Hilfe. Hilfe. Hilfe. Unser Leben wird kaputtgemacht. Sie zerstören uns. Sie bringen uns um. Sie knallen uns ab wie tollwütige Hunde. Die Roten. Lauter rote Schweine. Kommt uns zu Hilfe.

EHE/AUTO Aus. Schmerz, dieser Schmerz. Dieser Schmerz. Ich ertrage diesen Schmerz nicht mehr. Ich will leben, leben.


Wieder alle am Tisch.


EHE/AUTO Diese Angst.

KINDERMÖRDER Wir sind immer gewarnt worden davor.

EHE/AUTO Weil wir was aufm Konto haben.

KINDERMÖRDER Bei der Bayrischen Staatsbank.

EHE/AUTO Bestimmt wird jeder, der ein Geld hat, an die Wand gestellt.

Phönix Diese Angst.

EHE/AUTO Wir sind immer gewarnt worden davor.

KINDERMÖRDER Weil wir was aufm Konto haben.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Bei der Bayrischen Staatsbank.

PHÖNIX Bestimmt wird jeder, der ein Geld hat, an die Wand gestellt.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Diese Angst.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Wir sind immer gewarnt worden davor.

PHÖNIX Weil wir was aufm Konto haben.

EHE/AUTO Bei der Bayrischen Staatsbank.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Bestimmt

wird jeder, der ein Geld hat, an die Wand gestellt.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Diese Angst.

PHÖNIX Wir sind immer gewarnt worden davor.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Weil wir was aufm Konto haben.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Bei der Bayrischen Staatsbank.

KINDERMÖRDER Bestimmt wird jeder, der ein Geld hat, an die Wand gestellt.

EHE/AUTO Eine Ordnung muß wieder her.

PHÖNIX Und Arbeit.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und Essen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Und Fernsehn.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und die Möglichkeit, ein neues Auto zu kaufen.

PHÖNIX Und ein Gesetz

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5.
Alte Romantische Liebe

Ehe/Auto, Phönix und KINDERMÖRDER setzen sich auf die Stühle am hinteren Rand der Buhne. Lichtwechsel. Leise, kitschige Musik.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich hab dich so lieb, Franz!>- - - - - - - - - - - - -
ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Kleines!

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich will dir immer treu sein. Aber du darfst mich nie verlassen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Niemals, niemals tät ich dich verlassen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Einen Menschen braucht man, für den man dasein kann.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich hab dich lieb.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Du darfst mich nie verlassen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Immer, immer, bleib ich bei dir.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Du bist so gut.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Du bist so schon.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich hab dich so lieb.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Meine Liebe zu dir ist so groß.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Größer als alles.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ach, Liebste, ich streichle dich so gern.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich habe es so gerne, wenn du mich streichelst.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich halte dich so gerne ganz fest.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich liebe es, von dir ganz fest gehalten zu werden.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich möchte dich küssen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich bebe nach deinen Küssen. Wirst du mich auch noch lieben, wenn, wenn mich die Roten vergewaltigt haben?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich werde dich immer lieben.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich hab solche Angst vor den Roten.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich werde dich beschützen, Liebste, wann immer ich kann, weil ich dich liebe.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ach, meine Liebe zu dir ist so groß.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Meine Liebe ist auch so groß.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH So groß. Solang ich lebe, will ich dein sein.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Du bist mein.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich bin dein.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Du gehörst mir.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Und du gehörst mir. Es ist schön, dir zu gehören.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Das mut so sein. Und grade jetzt, wo Gefahr ist.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Wenn Gefahr herrscht, lernt man seine Freunde kennen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich beschütze dich.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich lasse mir mein Leben nicht kaputtmachen. Du mußt mich beschützen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Aber ja, ich beschütze dich doch. Du darfst nicht weinen. Ich bin ja da. Ich bin immer für dich da.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Wir nehmen uns bei der Hand und träumen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ja, wir nehmen uns bei der Hand und träumen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Wir beißen uns fest ineinander.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Du bist ich, und ich bin du.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich bin du, und du bist ich. Ich habe nichts als meine Liebe zu dir.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Meiner Liebe zu dir werden sie nichts anhaben können. Ich verteidige sie. Ich bin ein Mann.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ja, Liebster, du bist ein Mann. Nimm mich ganz fest in deine Arme.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich halte dich ganz fest in meinen Armen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Drück mich, daß ich dich spüre.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich drück dich, daß du mich spürst.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich. Ham, ham, ham, ham. Ich mochte dich essen. Ich will dich ganz in mir haben. Ich liebe dich.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich liebe dich. Ich machte ganz in dir drin sein. Ham, ham.

Musik stop.

Alte Romantische Liebe MÄNNLICH und weiblich gehen zu den anderen Mitgliedern der Familie Normalzeit nach hinten. Die sechs Revolutionäre treten auf setzen sich, wie zuvor die Familie Normalzeit saß, an den Tisch. Beleuchtungswechsel. Assoziationen auf Clowns sind erforderlich.

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6.
Der große Revolutionsrat

GROSSER VORSITZENDER So, jetzt ham wir Revolution gemacht.

NEUE BÜROKRATIE Ja. Genau.

THEATER MÄNNLICH Meine Zehn tun mir weh. Da ist ein Ziegelstein draufgefallen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Zeig. Ganz schön geschwollen.

THEATER MÄNNLICH Tut ganz schön web.

NEUE BÜROKRATIE Ziemlich müde. Bin eh von der Revolution.

THEATER WEIBLICH Ich schlaf schon fast ein.

GROSSER VORSITZENDER Ein Plan muß gemacht werden jetzt.

THEATER MÄNNLICH Ein Plan!

GROSSER VORSITZENDER Das Leben muß sich normalisieren.

NEUE BÜROKRATIE Zuerst müssen Techniker her. Die Wirtschaft mut umfunktioniert werden.

THEATER MÄNNLICH Die Automation vorangetrieben.

THEATER WEIBLICH Freiheit freigelegt werden.

GROSSER VORSITZENDER Wird alles ziemlich schwer werden. 292

THEATER WEIBLICH Das Bewußtsein der Leute mut freigelegt werden.

NEUE BÜROKRATIE Du mußt eine Rede halten.

GROSSER VORSITZENDER Durchs Reden veränderst du kein Bewußtsein. Die armen Leute sind autoritätsfixiert, das ist alles. Jetzt ist keine Autorität mehr da. Es wird schwer werden.

THEATER WEIBLICH Radikale Änderungen müssen her.

GROSSER VORSITZENDER Ich bitte um Vorschläge.

NEUE BÜROKRATIE Na ja, wir geben die Verkehrsmittel zu freier Benutzung.

THEATER WEIBLICH Und die Kinos und die Theater.

THEATER MÄNNLICH Das Fernsehen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Die Zeitungen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wir schaffen das Geld überhaupt ab.

NEUE BÜROKRATIE Du spinnst ja.

THEATER MÄNNLICH Wieso! Einfach abschaffen! NEUE BÜROKRATIE Wie willstn das machen?

THEATER WEIBLICH Die Ausführung ist eine Sache für sich.

GROSSER VORSITZENDER Ich bitte den Vorschlag des Genossen Neue Romantische Liebe MÄNNLICH zur Abstimmung zu bringen. Also, wer ist für den Vorschlag des Genossen, das Geld abzuschaffen? Der Vorschlag ist mit überwältigender Mehrheit angenommen worden.

THEATER MÄNNLICH Die Ehe mut abgeschafft werden.

THEATER WEIBLICH Die Ehe?

THEATER MÄNNLICH Na ja, klar.

THEATER WEIBLICH Schon. Bitte. 293

GROSSER VORSITZENDER Ich bitte zur Abstimmung über den Antrag des Genossen Theater männlich, die Ehe abzuschaffen, abzustimmen. Der Antrag wurde mit drei zu zwei Stimmen angenommen, bei einer Stimmenthaltung. Ich selbst machte den Antrag stellen, das gesamte Gefängnis- und Zuchthauswesen abzuschaffen. Der Antrag wurde angenommen.

NEUE BÜROKRATIE Jeder, der ausreisen will, soll ausreisen können.

THEATER WEIBLICH Und jeder, der einreisen will, soll einreisen können.

GROSSER VORSITZENDER Anträge angenommen.

THEATER WEIBLICH Die Universitäten müssen für jedermann frei sein.

GROSSER VORSITZENDER Angenommen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Krankenhäuser.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Gesetze.

GROSSER VORSITZENDER Verordnungen.

THEATER MÄNNLICH Befehle.

GROSSER VORSITZENDER Das Bewusstsein des Individuums muss geändert werden, damit das Leben funktioniert.

NEUE BÜROKRATIE Und wenn Verbrechen geschehen?

GROSSER VORSITZENDER Dann muss zuerst geklärt werden, was ein Verbrechen ist.

THEATER WEIBLICH Mord.

NEUE BÜROKRATIE Konterrevolution.

GROSSER VORSITZENDER Was ist Konterrevolution?

THEATER MÄNNLICH Der Versuch, Gesetze und Verordnungen zu etablieren, die beinhalten, dass der Mensch von einem Menschen unterdrückt und ausgebeutet wird. 294

GROSSER VORSITZENDER Gut, weiter.

NEUE BÜROKRATIE Weiter nichts.

GROSSER VORSITZENDER Also, was passiert mit den sogenannten Verbrechern?

NEUE BÜROKRATIE Hinrichten.

ALLE Auf gar keinen Fall, Unsinn, Schmarrn.

GROSSER VORSITZENDER Ich bitte am einen Vorschlag, der unseren Intentionen gerecht wird.

THEATER WEIBLICH Ausweisen in die Bundesrepublik Deutschland.

ALLE Sehr schön, bravo, das ist recht.

GROSSER VORSITZENDER Der Vorschlag der Genossin Theater weiblich, Marder und speziell definierte Konterrevolutionäre in die Bundesrepublik auszuweisen, wird einstimmig angenommen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Die Kirche.

THEATER MÄNNLICH Au ja, die Kirche. Scheite.

THEATER WEIBLICH Abschaffen.

NEUE BÜROKRATIE Schon. Und was machen wir mit den Gotteshäusern?

THEATER MÄNNLICH In die Luft jagen.

NEUE BÜROKRATIE Schlecht. Das macht keinen guten Eindruck.

THEATER WEIBLICH Museum. Wir erklären sämtliche Kirchen zu Museen.

GROSSER VORSITZENDER Gut, wer ist für Museum? Die Abstimmung ergibt, dass sämtliche Kirchen in der SAB zu Museen erklärt werden.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wir müssen Bewusstmachungskomitees ernennen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Bewusstmachungsbasisarbeit.

THEATER WEIBLICH Was glaubt ihr, wie die Bevölkerung die Anarchie aufnehmen wird?

GROSSER VORSITZENDER Schwer zu sagen. Die Leute sind ungeheuer verdorben.

NEUE BÜROKRATIE Einige werden ausreisen.

THEATER WEIBLICH Dafür werden aber auch viele kommen.

THEATER MÄNNLICH Wenn man sie rauslässt, da wo sie herkommen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Der Anfang wird sehr schwer sein.

NEUE BÜROKRATIE Der Anfang ist immer schwer.

THEATER WEIBLICH Was ist an den Grenzen?

NEUE BÜROKRATIE Der Rest der Deutschen Bundeswehr auf unserem Boden verteidigt die SAB aufopfernd.

GROSSER VORSITZENDER Wir hoffen, dass wir die Genossen Soldaten eines Tages aufklären und abziehn lassen können.

THEATER WEIBLICH Die Hetzpropaganda aus Bonn lauft auf vollen Touren. Jedes dritte Wort ist Terror in Bayern.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und dagegen kann man nichts unternehmen?

GROSSER VORSITZENDER Ich hoffe, dass die sich im Bewusstsein der Leute selber entlarven. Die reden dauernd von Terror und hier kann keiner den Terror entdecken.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wollen wirs hoffen.

GROSSER VORSITZENDER Wir sind alle sehr müde, es war ein sehr anstrengender Tag. Ich machte jetzt die gefassten Beschlüsse zusammenfassen.
1. Die Sache Geld wird abgeschafft.
2. Die Sache Ehe wird abgeschafft. 296
3. Alles ist frei.
4. Die Sache Gefängnis- und Zuchthauswesen wird abgeschafft.
5. Jeder Mensch hat die Möglichkeit freier Aus- und Einreise aus oder in die SAB.
6. Die Universitäten sind für jedermann frei.
7. Die Krankenhäuser sind für jedermann frei.
8. Sämtliche Gesetze, Verordnungen und Befehle werden abgeschafft.
9. Mord und speziell definierte Konterrevolution werden mit der Ausweisung in die Bundesrepublik Deutschland bestraft.
10. Die Institution Kirche wird abgeschafft.
11. Sämtliche auf dem Gebiet der SAB befindlichen >>Gotteshäuser werden zu Museen erklärt.
12. Es werden Bewusstmachungskomitees gebildet. Genossen, das Leben soll sich selber ordnen. Kein Mensch soll mehr Gewalt über Menschen haben. Der Anfang wird schwer sein.

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7.
Besuch bei der Neuen Bürokratie

Die Genossen Grosser Vorsitzender, Neue Romantische Liebe MÄNNLICH und weiblich, die Genossen Theater MÄNNLICH und weiblich setzen sich nach hinten. Der Genosse Neue Bürokratie haut seine Szene auf Die Familie Normalzeit tritt auf mit der Mutter aller Huren, Huren 1 und 2


KINDERMÖRDER Sagen Sie mal...

EHE/AUTO Verzeihung, wir haben eine Frage. Wir suchen einen zuständigen Beamten.

NEUE BÜROKRATIE Gibt keine Beamten mehr.

EHE/AUTO So, es gibt keine Beamten mehr.

NEUE BÜROKRATIE Nein.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Entschuldigung. Wen kann man denn fragen, wie das Leben weitergeht?

NEUE BÜROKRATIE Mich!

Pause.

EHE/AUTO Entschuldigung, wie geht denn das Leben weiter?

NEUE BÜROKRATIE Warum stehts denn alle so in einer Reihe?

EHE/AUTO Weil...

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Weil, das war immer so.

NEUE BÜROKRATIE Jetzt is anders.

Stellungswechsel.

MUTTER ALLER HUREN Verzeihung, wir suchen einen zuständigen Beamten.

NEUE BÜROKRATIE Gibt keine Beamten mehr.

MUTTER ALLER HUREN So.

NEUE BÜROKRATIE Ja.

KINDERMÖRDER Verzeihung, wen kann man denn fragen, wie das Leben weitergebt?

NEUE BÜROKRATIE Mich.

MUTTER ALLER HUREN Verzeihung, wie geht denn das Leben weiter?

NEUE BÜROKRATIE Warum stehts denn alle so akkurat da? Bewegts euch halt a bissel.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Na ja.

Durcheinander, Stellungswechsel.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wir haben nämlich keine Arbeit mehr.

NEUE BÜROKRATIE Weil die Automation so vervollständigt werden wird, dass jeder nur noch zwei Stunden am Tag zu arbeiten braucht.

EHE/AUTO Zwei Stunden.

NEUE BÜROKRATIE Ja. Machts es euch halt bequem.

EHE/AUTO Verzeihung, aber wir sind doch alle bloß ganz normale Bürger.

NEUE BÜROKRATIE Wieso, deswegen könnts es euch ja trotzdem bequem machen.

KINDERMÖRDER Aber wir sind doch hier im Amt.

EHE/AUTO Und da wars immer so.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Alles schon ordentlich der Reihe nach.

NEUE BÜROKRATIE Ordnung gibts keine mehr.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Aber eine Ordnung mut sein.

Schlagerei - neue Stellung.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich mochte mich für meine Frau entschuldigen and Sie bitten, sie nicht verhaften zu lassen.

NEUE BÜROKRATIE Wir verhaften niemand.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Sie ist ein dummes Mädchen, sie kann nix dafür.

NEUE BÜROKRATIE Ich sag ja, jeder kann sagen, was er will. Wir tun niemand was.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich mein ja bloß.

KINDERMÖRDER Sie, sagens mal, wenn wir bloß zwei Stunden arbeiten am Tag, was tun mir na die ganze andere Zeit?

NEUE BÜROKRATIE Ins Kino gehen, Musik hören, vögeln.

EHE/AUTO Und der Verdienst? Dann verdient man auch weniger?

NEUE BÜROKRATIE Gibt keinen Verdienst mehr.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Keinen Verdienst?

EHE/AUTO Aber das ist doch...

KINDERMÖRDER Asozial.

EHE/AUTO Genau, asozial is des.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Weil das gar nicht geht.

NEUE BÜROKRATIE Stellts euch nicht immer in einer Reihe auf. Stellungswechsel. Verzeihung! In der SAB gibts kein Geld mehr.

EHE/AUTO Kein Geld? PHÖNIX Wie ichs gesagt habe! Wir werden verhungern.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Vater unser, der du bist im Himmel...

NEUE BÜROKRATIE Seids jetzt so blöd? Oder tuts bloß aso? Wenn a jeder zwei Stunden arbeiten geht am Tag, na gibts alles umasunst.

KINDERMÖRDER Essen?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Fernsehn? PHÖNIX Kino?

EHE/AUTO Benzin? 300

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Autos?

EHE/AUTO Mabel? Phönix Wohnungen?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Bier?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Schallplatten? PHÖNIX Bücher?

EHE/AUTO Waschmaschinen?

NEUE BÜROKRATIE Alles!

EHE/AUTO Aber ohne Geld kann man nichts kaufen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Umsonst ist der Tod, und der kost es Leben.

KINDERMÖRDER Wenn ma scheißen geht, kosts 20 Pfennig. Ein Anzug kostet um die zweihundert, ein Fernseher 600.

EHE/AUTO Ein Auto kostet 7000,- neu.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Benzin 60 Pfennig der Liter.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Unds Kino kostet 4 Mark.

PHÖNIX Und im Theater zahl ich acht.

NEUE BÜROKRATIE Nix kost was.

KINDERMÖRDER Wir sind eine Familie, wir haben verdient: also ich 900 Brutto.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH 1.200 Brutto.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH 760 Brutto.

PHÖNIX 800 Brutto.

EHE/AUTO 400 als Nebenverdienst.

KINDERMÖRDER Macht zusammen 3.250 netto. Zwischen 3.250 netto im Monat und nix klafft ein Unterschied.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH 3.250 haben und nicht haben macht zusammen 6.500. 301

NEUE BÜROKRATIE S'gibt kein Geld mehr! Stellungswechsel. Jetzt stehts scho wieder so akkurat in einer Reihe. Euch is noch nicht zu helfen. Gehts heim, die Zeit solls euch beibringen.

Lichtwechsel.
Theater rnännlich und weiblich spielen.

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8.
Theater alt

Eine Szene aus >>Frühlingserwachen. Die anderen Darsteller gruppieren sich als Zuschauer. Das Spiel wird gestört und endlich abgebrochen.

NEUE BÜROKRATIE Warum spielstn so an Schmarrn.

THEATER WEIBLICH Weißt du, was Schmarrn is und was nicht. NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Weil das mit unserer Wirklichkeit nichts zu tun hat.

THEATER WEIBLICH Was hat denn dann mit unserer Wirklichkeit was zum tun. NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Keine Ahnung, aber das nicht.

THEATER WEIBLICH Is das dann eure Freiheit, was euch nicht paßt, brecht ihr ab. Wir findens richtig, das zu spielen.

NEUE BÜROKRATIE Wenns aber mit der Wirklichkeit nix zum tun hat?

THEATER WEIBLICH Wieso hats mit der Wirklichkeit nix zum tun? Vielleicht mit deiner Wirklichkeit. Lern erst mal tolerant sein.

NEUE BÜROKRATIE Das müßts grad uns sagen!

THEATER WEIBLICH Laßts uns halt zu Ende spielen, und dann red drüber.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Kunst hat keinen Sinn!

Laut Musik.

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9.
Phönix Normalzeit Reperversion

Musik stop.

GANGSTER G Wir lassen dich frei, Phönix Normalzeit.

Musik laut. Phönix wehrt sich, als würde sie festgehalten. Musik stop.

PHÖNIX Schlagt mich doch nicht.

GANGSTER R Phönix Normalzeit, wir verlassen dich jetzt.

Musik laut. Phönix schmeßt sich aufs Sofa, winder sich, als wäre sie gefesselt. Musik stop!

PHÖNIX Ich kann eure Schläge nicht mehr ertragen! Lasst mich frei!

Musik laut. Die beiden Gangster ziehen die Masken ab. Gehen weg. Musik stop.

PHÖNIX Der Schmerz ist unerträglich.

Sie merkt, dass sie allein ist. Steht auf' ruckt die Küche wieder zurecht.

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10.
Auto

Alle Normalzeitler kommen auf die Bühne, nehmen Platz. Als letzte kommt Ehe/Auto.

EHE/AUTO Ich hab den Aufruf gehört, o ja. Unser Auto solln wir stehenlassen, auf der Straße. Und den Schlüssel steckenlassen. Unser Auto, für das wir jahrelang geschuftet haben. Einfach, plop, gehörts uns nicht mehr, gehörts allen. Unser Auto. Also, wenn das nicht unmenschlich ist! Da kann sich einfach jeder reinsetzen und wegfahren. Also, da zeigts sich wirklich. Die einen arbeiten jahrelang dafür, die anderen, die Schweine, die Faulenzer, die Gammler, die dreckigen, die können dann benutzen. Und ohne Führerschein. Jeder kann ohne Führerschein fahren. Was meinst du, wie unser Auto dann aussieht, wenn wirs jemals wiederfinden. Also, das weit doch schon jedes Kleinkind, ein Auto mut kontinuierlich von einem gefahren werden, sonst gehts kaputt. So ein Auto, das ist doch sensibel. Das spürt doch, wenn einer nicht umgehen kann damit. Das beweist doch, dass diese Leute einfach dumm sind. Jeder soll doch das haben, was er sich verdient. Und kein bißchen mehr, aber auch kein bißchen weniger. Unser Auto! Da gewöhnt man sich an ein Auto, und dann sagt man dir, dieses Auto gehört allen. Dem und dem und dem und dem. Mit unserer Hände Kraft erarbeitet. Da hängen unsere Herzen dran. Aber auf unsere Herzen nimmt man ja keine Rücksicht. An uns denken die gar nicht. Die denken nur an sich. Weil die unser Auto wollen. Monat für Monat haben wir abbezahlt und abbezahlt. Jeden Sonntag haben wirs gewaschen. Und ganz am Anfang, wie wirs ausgesucht haben. Das Modell und die Farbe. Jeder hat sein ganzes Herz drangehängt. Und als Phönix dann den Führerschein hatte und zum ersten Mal fuhr und im Graben landete und vorne rechts Beulen waren, haben wir da nicht alle geweint. Ausnahmslos? Alle haben wir geweint, und Phönix durfte nicht mehr fahren, als es wieder repariert war. Und jetzt dürfen alle fahren damit. Unserem eigen Fleisch und Blut haben wir verboten zu fahren und jetzt kann jeder fahren. Das ist unmenschlich. Unmenschlich ist das.

Die Revolutionäre kommen vor. Die Familie Normal. zeit hebt den Großen Vorsitzenden vie einen siegreichen Sparter auf die Schultern. Tableau.

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11.
Die Rede des Großen Vorsitzenden

GROSSER VORSITZENDER Genossen und Genossinnen. Groß und bedeutend war der Einschnitt in unser Leben. Endlich können wir alle entdecken, was es heißt, wirklich frei zu sein, was Freiheit wirklich bedeutet. Helft uns alle, diese Freiheit zu behalten. Helft uns, die, die gar nichts mit dieser Freiheit anfangen können, aufzuklären. Macht jeden, der allein nicht einsichtig genug ist, auf die Unterschiede aufmerksam, die vorhanden sind zwischen irgendeinem System und keinem System. Nehmt alle die Möglichkeiten wahr, die euch geboten werden, geht alle auf die Universitäten, dort sind keine Lehrer, die euch bevormunden, dort gibt es Gruppen von Interessierten, die gemeinsam in die Geheimnisse des Wissens einzudringen versuchen. Gebt hin und schließt euch an. Macht etwas aus eurem Kopf, er ist nicht bloß zum Fressen da. Keiner kann mehr sagen, er habe keine Zeit, jeder hat Zeit, jeder hat alle Möglichkeiten, nehmt sie euch wahr.

Alle klatschen. Lichtwechsel. Musik.

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12.
Schlager neu

ALLE

Gelb, weil wir traurig sind.
Wir waren so blind.
Trauer netzt das Gesicht.
Kein Auge mehr start helles Licht.

Gelb, weil wir traurig sind.
Das Licht bringt ein blauer Wind.
Bleib lieblich Kleine.
Weine nicht, weil ich weine.

Mit dem Tod ist alles aus.
Der Tote braucht kein Leichenhaus.
Bayern, Bayern ist frei.
Hofft, dass es immer so sei.

Alle tanzen.

NEUE BÜROKRATIE Mensch Leute. Jetzt könnt ihr machen, was ihr machen wollt, und machts nix anderes, wie ihr vorher gemacht habt.

ALLE Freiheit! Freiheit!

Neue Romantische Liebe macht einen Striptease. Alle klatschen und schreien von Zeit zu Zeit >>Freiheit. Nach dem letzten Kleidungsstuck und dem letzten Freiheitsschrei gehen alle his auf Neue Romantische Liebe weiblich und MÄNNLICH nach hinten.

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13.
Rede des Deutschen Kanzlers

STIMME Meine lieben Brüder und Schwestern in der bayrischen Heimat. Ich rufe euch zu, haltet noch ein wenig aus, wir kommen euch befreien. Vergesst nie, dass Bayern, das schone Bayern, auch meine Heimat ist. Ich weiß, ihr habt unter dem roten Terror zu leiden. Aber haltet aus. Ich weiß von täglichen Exekutionen. Die roten Mörder sind unter euch. Aber haltet aus. Wir werden euch nie vergessen, wie ich meine bayrische Heimat nie vergessen werde. Haltet aus, wir werden euch eure Rechte zurückerobern. Wir werden unablässig dafür kämpfen, dass ihr eure Freiheit wieder erhaltet, dass ihr nicht mehr unter der täglichen Angst, euer Leben zu lassen, leben müßt. Brüder und Schwestern in Bayern, ich bin euer rechtmäßiger Führer, den ihr gewählt habt, haltet eure Hoffnung auf eine Rückkehr aufrecht. Ich rufe euch zu. Heim in den Bund!

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14.
Neue Romantische Liebe

Lichtwechsel. Musik wie bei Alte Romantische Liebe.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich liebe dich.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ja. Sehr schon. Ich dich auch.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Es ist phantastisch, zu lieben.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Man braucht Liebe, das stimmt.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Es ist wunderbar, sich zu treffen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und Verständnis zu haben füreinander.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Wenn man nicht so dumm ist und alles falsch macht.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Du bist schön.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Es ist schön, wie du sagst, dass ich schön bin.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Es ist schon, dich anzusehen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Werden wir zusammenbleiben, für immer?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Solange es uns Freude macht.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich werde dich immer lieben.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich glaube, ich werde dich auch immer lieben.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Du hast recht, das Wichtigste ist, Verständnis für einander zu haben. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich verläßt.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ich werde dich nicht verlassen, da ich dich liebe.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Mit wie vielen hast du vor mir geschlafen?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Keine Ahnung. Hundert?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH War eine besser als ich im Bett?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Kann ich wirklich nicht sagen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich bin doch gut im Bett, oder?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ja doch. Mir machts Spaß.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Hast du das schon bemerkt. Es schmerzt, wenn man wirklich liebt. Richtige Schmerzen.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Ja. Liebes. Du hast recht. Es schmerzt.

KINDERMÖRDER kommt nach vorne, bleibt im Dunkeln.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Magst du Musik?

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Kommt drauf an.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich liebe Musik. Mozart und Haydn. Musik, die ist, wie du mich streichelst. Verlaß mich nicht.

Lichtwechsel.

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15.
Ehe

EHE/AUTO Jetzt ist es zu weit gegangen. Alles, alles hab ich ertragen bisher. Aber was zu weit geht! Ich kann es nicht mehr ertragen, ich bin so schwach. Ich bring es nicht über die Lippen. Unser ganzes Leben ist zerstart, kaputtgemacht. Ich bin krank geworden davon. Ich habe meinen eigenen Ohren nicht mehr getraut. Unsere Ehe, Liebster, unsere Ehe, die, die gilt nicht mehr! Da kannst du schweigen, du Drecksack? Da lachst du dir vielleicht sogar ins Fäustchen? Du Schmarotzer, du Schwein! Warum weinst du denn nicht, stampfst nicht auf den Boden, wehrst dich nicht? Liebster? Wirst du mich dennoch nicht verlassen? Bitte, sag etwas. Wir haben doch immer zusammengehört. Verlässt du mich? Danke Liebster! Danke. Es wird auch einmal wieder anders. Dann gilt unsere Ehe auch wieder vor den Menschen. Jetzt habe ich nur Gott, dem meine Ehe etwas gilt. Ich bin sein Kind. Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name, bitte! Bete gefälligst zu unserem Gottvater!

EHE/AUTO UND KINDERMÖRDER Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden. Unser täglich Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern...

EHE/AUTO Du wirst auch wirklich zu mir halten? Was auch geschehen mag?

KINDERMÖRDER Bis dass der Tod uns scheidet.

EHE/AUTO Höhnst du? Nein! Du meinst das ernst. Du wirst mich nicht verlassen. Liebster, lass dich küssen - unsere Liebe ist jetzt ungesetzlich! Lieber 310 Gott, verzeih mir mein Handeln. Wird die Ehe wieder gelten, wenn wir wieder ein richtiger Staat sind? Die Ehe ist das Wichtigste am Leben. Eine Ehe muss sein. Ohne eine Ehe kann doch gar nichts funktionieren. Alles verliert seinen Sinn. Die armen Kinder, die in keiner geregelten Ordnung mehr aufwachsen dürfen. Was werden das für Menschen werden, wenn sie überhaupt Menschen werden. Wilde Tiere. Marder. Halunken. Ich wusste, dass du zu mir halten wirst. Ich wusste, dass wir zusammengehören. Ich wußte, du weißt, was ich dir bin.

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16.
Phönix' Wahnsinnsmonolog

Phönix tanzt auf die Bühne. Leicht taumelnd. Die Szene ist mit Barockmusikunterlage.

PHÖNIX Das Leben ist schon. Das Leben ist wunderbar. Ich mag eure Hände, wie ihr mich anfasst. Ich mag eure Schenkel, eure Schultern. Ich fasse dich um die Hüften und drücke dich ganz fest an mich. Ich spüre dich heiß in mir. Empfindest du mich. Macht es dir Spaß. Deine Freude ist wichtig. Eure Lust ist wichtig. Eine Lust macht mir Freude. Kommt alle zu mir. Ich umarme euch. Ihr werdet meine zarten Hände auf euren harten Muskeln fühlen. Macht es euch Spat? Ich hoffe, es macht euch Spaß. Das ist das Glück. Wem ich Lust bedeute, der kann mich haben. Kommt, streichelt mich. Faßt mich an. Du bist schon, so schön. Ich sehe dich an. Wie viele wird es geben auf der Welt, die jetzt, jetzt im Moment glücklich wären, wenn ich bei ihnen wäre? Aber wir finden uns nicht. Wir haben keine Möglichkeit uns zu treffen. Warum ist das so. Warum ist keiner da, dem ich Freude bin? Warum ist keiner da? Kommt, ich rufe nach euch! Zärtlich! Lust!

Musik stop.

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17.
Die große Klage der Huren

Die Mutter aller Huren und Tochter Hure kommen mit allen Revolutionären. Mutter aller Huren setzt sich auf einen erhöhten Punkt, mit einem großen Lachen öffnet sie die Schenkel. Tochter Hure sitzt auf einem etwas tieferen Punkt. Die Revolutionäre stehen schön aufgebaut mit dem Rucken zum Publikum.

TOCHTER HURE Meinst, wir können was dafür, dass wir nix glernt habn?

MUTTER ALLER HUREN Ihr seid was Besseres? Komm her, Kleine. Schau! Du hast zwei Hände wie ich, zwei Füße, zwei Beine, einen Kopf. Du bist genau wie ich.

TOCHTER HURE Glernt hats was, des is!

MUTTER ALLER HUREN Schau, Kleines, du hast einen Horizont. Wir nicht. Wir haben nichts dazulernen können. Wir sind, wie der Mensch von Natur aus. Oder nicht?

GROSSER VORSITZENDER Ihr habt alle Freiheiten jetzt.

MUTTER ALLER HUREN Ja? Bist jetzt du dumm? Oder ich? 312

GROSSER VORSITZENDER Hm! Alle Freiheiten habt ihr.

TOCHTER HURE Weil ihr unser Leben versaut habt? Von Freiheit ist keine Rede nicht.

NEUE BÜROKRATIE Alle Freiheiten habts!

MUTTER ALLER HUREN Hübsch bist du. Groß gewachsen. Küss mich! Mm. Du küsst gut. Ich will versuchen zu erklären, warum ihr uns die Freiheit genommen habt.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Freiheit genommen, Freiheit genommen. Gebracht haben wir Freiheit für alle!

MUTTER ALLER HUREN Wir sind glücklich gewesen früher, weil wir eine Aufgabe gehabt habn. Gewußt habn wir nichts und gekonnt auch nicht. Und rumgedruckst habn wir und unglücklich warn wir. Und dann sind wir Huren geworden. Bewusst, wisst ihr, ganz bewusst. Wir waren zum ersten Mal wirklich für etwas verantwortlich. Schaut, ich hatte so viel Liebe in mir, ich wollte nicht einen, verheiratet sein, wollte nicht Ehenutte sein, ich wollte frei sein für meine Liebe.

TOCHTER HURE Der Sinn ist weg jetzt, ein sinnloses Leben ists.

NEUE BÜROKRATIE Ihr könnts lieben, wen ihr wollts.

MUTTER ALLER HUREN Aber das Geld? Mit dem Geld sind wir frei worden von allem. Und das Geld haben wir verdient mit uns!

GROSSER VORSITZENDER Brauchts ja kein Geld.

MUTTER ALLER HUREN Schau, Kleiner, im Erfolg liegt die Freiheit für uns.

TOCHTER HURE Mitm Erfolg ist ein Geld da und mitm Geld die Freiheit.

GROSSER VORSITZENDER Brauchts ja kein Geld. Gibt ja alles umsonst.

MUTTER ALLER HUREN Eben! Unser Sinn ist uns genommen. Die Möglichkeit unserer persönlichen Freiheit.

TOCHTER HURE Einen Hat hab ich. Erst mußt kämpfen mit dir, daßt einen Mut bekommst, dann bist glücklich, weilst eine Aufgabe hast, und dann is auf einmal aus, kein Geld, heißts, gibts mehr, und ich kann mich am Arsch lecken mit meinem Glück, was ich ghabt hab.

MUTTER ALLER HUREN Nein, das Glück war nicht immer ein lustiges Glück. Schwer wars, und ich hab viel geweint. Aber ich hab immer weiter kämpfen mögen. Was soll ich jetzt kämpfen. Unds Kämpfen hab ich gelernt. Sonst nix.

TOCHTER HURE Kleider ham wir uns kaufen können, und froh is man gwesen, wenn man sich wieder eins zusammengespart hatt. Meinem Louis hab ich ein Geld gegeben zum Leben, und er is bei mir blieben, and alles hat seinen Sinn ghabt. Er hat leben können, ohne was zum Tun, und ich hab ihn ghabt zum Lieben. Anzüge hab ich ihm geschenkt, dass er schon gewesen is. Viel schöner wie alle andern.

MUTTER ALLER HUREN Wer liebt uns jetzt, wo wir ihm nix geben können als wie uns. Meiner hat drei ghabt, aber ich hab am meisten heimgebracht von allen, drum hat er drei Tage mit mir verbracht in der Woche. Geschwommen sind wir im Glück.

TOCHTER HURE Die Kerle, die wo kommen sind, die haben uns auch gebraucht. Die ham sich gedacht, lieber uns, wo sie wissen, sie müssen bezahln, als bei die Ihren daheim, die wo scheinheilig is und nix Bessers wie mir. Lieber ein ehrliches Geschäft als wie unehrlich und dauert so viele Jahre.

MUTTER ALLER HUREN Unser Glück habt ihr uns weggenommen. Ihr habt uns das genommen, was wir brauchen zum Glück, Erfolg.

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18.
Die Auffindung des Anarchisten und neues Gespräch über die Arbeit

Mutter aller Huren und Tochter Hure steigen vom Tisch, setzen sich als Ehe/Auto und Alte Romantische Liebe weiblich an den Tisch. Theater MÄNNLICH lässt sich nieder, schläft. KINDERMÖRDER , Alte Romantische Liebe MÄNNLICH und Phönix kommen, setzen sich.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Da liegt einer.

KINDERMÖRDER In unserer Wohnung!

EHE/AUTO Die ich regelmäßig putze. Nach wie vor.

KINDERMÖRDER Der liegt da und schläft.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Stimmt.

EHE/AUTO Auf meinem Boden.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH In unserem Wohnzimmer. Der ist einfach reingekommen und hat sich da hingelegt.

KINDERMÖRDER Ohne zu fragen. Pause. Der stinkt.

EHE/AUTO Der ist dreckig! Wischt sich nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wasser ist zum Waschen da.

EHE/AUTO Mir vergebt da jeglicher Humor, wenn einer sich nicht wäscht. Jeder! Ihr alle könnt bestätigen, ich habe Humor. Weit Gott. Aber was zu viel ist, ist zu viel.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wecken! Wir müssen ihn wecken.

EHE/AUTO Totschlagen. Glatt totschlagen.

KINDERMÖRDER Anarchie! Anarchie. Aufs Kommando, fertig, los!

Zu dritt verprügeln sie Theater MÄNNLICH. Phönix und Alte Romantische Liebe weiblich sehen zur Seite. Alte Romantische Liebe weiblich schreit in regelmäßigen Abstanden kreischend auf. Den leblosen Körper Theater männlich schmeißen die drei an den hinteren Rand der Bühne.

KINDERMÖRDER Das war schon.

EHE/AUTO Ach, ja.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Boxbewegungen Zack, zack, zack.

EHE/AUTO In keine wohlgeführte Wohnung wird der sich mehr setzen.

KINDERMÖRDER Ausgetrieben! Einfach ausgetrieben!

EHE/AUTO Ja.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Gestern war einer da, ich soll arbeiten, zwei Stunden am Tag, hihihi, spinn i. Und am Morgen. Ich sag, ich schlaf bis zwölf. Das is so, sag ich. Zwei Stunden, sagt er, das muss sein, sagt, das ist ausgemacht mit uns, sag ich, mit mir hat niemand nichts ausgemacht, von wegen Arbeit und so. Solln doch die arbeiten, die wo arbeiten wollen, ich hab keine Lust. Soll doch jeder machen, was er will, denk ich, aber ich will nicht arbeiten, keine Spur. Schon gar nicht, wenn ich kein Geld krieg dafür, weil das sein muss, wenn ich arbeit. Phönix In den Geschäften gibts alles umsonst.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Genau. Eben. Das gibts auch, wenn ich nicht arbeit. Sollen die arbeiten, wo arbeiten wollen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich arbeit. Zwei Stunden am Tag ist nicht zuviel. Phönix Ich auch. Wenn nicht jeder zwei Stunden arbeitet am Tag, stürzt die Wirtschaft zusammen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Spinnts ihr? Arbeiten. Ihr. Von meiner Familie?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Genau, wir finden das richtig. Arbeiten und so.

PHÖNIX Uns gefällt alles so, wie es jetzt ist.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH zu Alte Romantische Liebe weiblich Du... du... Ich verbiete dir, das zu tun.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Mit welchem Recht?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Weil du gehörst mir!

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Niemand gehört niemand. So is. Und nicht anders. Phönix Jeder ist frei von allen andern. Jeder is er selber. Und das genügt.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wir gehören zusammen. Weil das immer so war und ändert sich nicht.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Aber das hat sich gelindert, Liebling? Wirklich! Du bist du, und ich bin ich!


Lichtwechsel. Phönix, Ehe/Auto und KINDERMÖRDER gehen nach hinten.

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19.
Überprüfung der alten romantischen Beziehungen

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Aber wir haben uns doch ewiges Zusammenhalten geschworen.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Das stimmt, das war, als ich noch dumm war, von nichts was wusste und nichts anderes kannte als dich.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Hast du mich betrogen, sag doch, sag, hast du mit einem anderen was gehabt? Rede, rede, ich kann diese Ungewissheit nicht mehr ertragen. Hast du geschlafen mit einem?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Mit einem? Mit einem, fragt er mich. Kindchen. Es gibt so vieles, wovon du keine Ahnung hast.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Liebste, ich liebe dich so sehr. Warum tust du mir das an? Warum?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich hab nur getan, was richtig war.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Und? Wars schön?

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Manchmal wars schön, manchmal weniger und manchmal sehr.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Dann bist jetzt a Schnalln! Schad, daß kein Geld mehr gibt, dann könnt ich dich ja kaufen jetzt.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Versuch doch nicht, so böse zu sein. Es tut gar nicht web.

ALTE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH Wenn eins so tief gesunken is, dann is nimmer wert, dass ichs anschau.

Lichtwechsel.

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20.
KINDERMÖRDER -Arie

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Der, der ists gewesen.

KINDERMÖRDER Was wollts denn?

GROSSER VORSITZENDER Ein kleiner Junge ist ermordet worden.

KINDERMÖRDER Und was hat das mit mir zum tun?

NEUE BÜROKRATIE Du bists gewesen.

THEATER WEIBLICH Er hats zugegeben.

THEATER MÄNNLICH Den Mord.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE WEIBLICH Ich habs gleich gesagt.

GROSSER VORSITZENDER Den Mord. Er hat den gestanden.

NEUE ROMANTISCHE LIEBE MÄNNLICH schreit KINDERMÖRDER !

Barockmusik.

KINDERMÖRDER steigt auf den Tisch Verzeiht mir doch! Es war, es war ein Zufall. Ich war so einsam, ich bin gegangen, auf der Straße, bin gegangen und hab nachgedacht. Da ist der kleine Junge gekommen und hat gesagt, Onkel, hat Onkel zu mir gesagt, da hab ich ihn angeschaut und geweint. Er hatte einen grünen Fußball dabei, und wir sind auf eine Wiese gegangen und haben gespielt, mal war ich im Tor, mal er. Dann sind wir wieder spazieren gegangen. Einfach durch die Straßen. Und ich hab ihm davon erzählt wies früher war. Und er hat immer wieder gefragt, dann haben wir Himmel und Holle gespielt. Er hat immer gewonnen. Jedesmal. Er war so fröhlich. Und dann ist es plötzlich dunkel gewesen. Er hat gesagt, er mag heim. Was bleibt denn, hab ich gedacht, jetzt muss ich heimgehen zu meiner Frau, wo ich immer schon zusammen bin, und der Junge ist gehupft neben mir und war so jung. Da hab ich ihn bei der Hand genommen und hab mich auf eine Bank gesetzt mit ihm und hab ihn gestreichelt. Seine Beinchen, seinen Kopf und dann hab ich ihn geküsst. Da hat er gesagt, ich mag das nicht, Onkel, da bin ich so alt gewesen, ich hab ihn haben wollen, er war so jung and ich so alt, ich hab gedacht, festhalten, einfach festhalten, and da hab ich ihn festgehalten, am Kopf, ganz fest, gedrückt, einfach gedrückt, und dann hat er geschrien, da hab ich ihn nicht mehr losgelassen, ich hab ihn geküsst, auf den Mund, der war offen, und dann hat er nicht mehr geatmet. Einfach aus. Ich hab ihn umgebracht, mit diesen Händen. Ich habe geweint. Mit diesen Händen, meinen Händen, habe ichs getan. Er weint.

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